Bjarnasons Tor kommt zu spät – Frankreich steht im Halbfinal gegen Deutschland

Frankreich deklassiert Island in Paris im letzten EM-Viertelfinal 5:2 und setzt dem nordländischen Fussball-Zwergenaufstand ein spektakuläres Ende. Birkir Bjarnason erzielt das letzte Tor der Isländer – nachdem bereits der historische erste Treffer auf sein Konto gegangen ist.

Football Soccer - France v Iceland - EURO 2016 - Quarter Final - Stade de France, Saint-Denis near Paris, France - 3/7/16 Iceland's Birkir Bjarnason reacts after France's Dimitri Payet scores their third goal REUTERS/Darren Staples Livepic

(Bild: Reuters)

Frankreich deklassiert Island in Paris im letzten EM-Viertelfinal 5:2 und setzt dem nordländischen Fussball-Zwergenaufstand ein spektakuläres Ende. Birkir Bjarnason erzielt das letzte Tor der Isländer – nachdem bereits der historische erste Treffer auf sein Konto gegangen ist.

Die wunderbare isländische Sport-Saga endete im Stade de France abrupt. Der Gastgeber fegte die Nordländer aus der Arena. Im 80. Spiel im Pariser Prunkbau zelebrierte das Team von Didier Deschamps die erste Halbfinal-Qualifikation seit dem letzten Titelgewinn vor 16 Jahren. 

Nach dem höchsten Erfolg seit der Heim-EM 1984 peilen die Franzosen in Marseille am kommenden Donnerstag gegen Deutschland nun die grosse Revanche für die zahlreichen bitteren Niederlagen auf WM-Niveau an. In den Achtzigerjahren scheiterten sie zweimal im Halbfinal, vor zwei Jahren sorgte Mats Hummels in Brasilien in de Runde der letzten Acht für den minimalen Unterschied.

» Weil es so schön ist: die Biographien der isländischen Spieler

Nach der einseitigsten ersten Halbzeit gegen Island führte der Favorit 4:0. Die regelrecht zur Schau gestellten Achtelfinal-Helden resignierten. Ihre bislang erstklassige Organisation verflüchtigte sich, innerhalb von 45 Minuten hatten sie gleich viele Gegentore hinzunehmen wie zuvor in vier Partien ohne Fehltritt.

Der Bann bricht nach dem ersten Treffer

Ein weiteres kräftiges Hu oder doch eher ein französisches Ha? Olivier Giroud, der robuste Stürmer von Arsenal, sorgte früh für den kursweisenden Akzent, das perfekte Steilzuspiel Matuidis verwertete er zum 1:0. Islands Anhänger verstummten ein erstes Mal, eine weitere Sensation bahnte sich nicht – im Gegenteil.



Football Soccer - France v Iceland - EURO 2016 - Quarter Final - Stade de France, Saint-Denis near Paris, France - 3/7/16 France's Olivier Giroud scores their first goal REUTERS/John Sibley Livepic

Olivier Giroud und der Schuss, der das Spiel in die Richtung des Gastgebers lenkte: Der Mann von Arsenal trifft zum 1:0. (Bild: Reuters)

Der Bann war gebrochen, die Mannschaft mit dem geringsten Ballbesitz aller Turnier-Teilnehmer zerschellte in der Folge richtiggehend. Paul Pogba lenkte einen Cornerball perfekt ab, und als Island nur noch taumelte, entzauberte das Topskorer-Duo Dimitri Payet und Antoine Griezmann die Insulaner unmittelbar vor der Pause endgültig, letzterer mit einem fantastischen Heber über Islands Torhüter.

Viermal hatte der EM-Debütant überrascht. Portugal und Ungarn fanden keine Lösung, Österreich düpierten die Nordländer ebenso, das englische Star-Ensemble liess sich vom krassen Aussenseiter im Achtelfinal gar demütigen. Eine Fortsetzung der isländischen Festwochen liessen «Les Bleus» nicht mehr zu, Giroud und Co. nahmen Fahrt auf. 

Bjarnason: erstes und letztes Tor an der EM

Immerhin: Kurz vor dem Ende erzielte Birkir Bjarnason den zweiten Treffer für die Überraschungsmannschaft. Nachdem er bereits das historische erste Tor an einer Endrunde erzielt hatte, geht der Spieler des FC Basel mit diesem Erfolgserlebnis nach hause. Und obschon sich seit der jugoslawischen Equipe (1:6 gegen die Niederlande im Jahr 2000) kein EM-Viertelfinalist derart dominieren lassen musste, ist den couragierten Fussball-Widerstandskämpfern vom nördlichen Polarkreis anzurechnen, dass sie trotz des einheimischen Schaulaufens mit diesem Tor Schadensbegrenzung betrieben.

Birkir Bjarnasons Tor zum 2:5

Der kolossale englische Absturz dürfte Frankreich auf dem Weg zur weitgehend problemlosen Kür in die Karten gespielt haben. Im Gegensatz zur FA-Auswahl, die sich eine Runde zuvor eine beispiellose 1:2-Blamage geleistet hatten, nahm Deschamps Elf den Kontrahenten ernst.

In England dürften die blossgestellten Premier-League-Millionäre die französische Gala unter Umständen mit Schamesröte im Gesicht verfolgt haben. Gary Lineker, einst Stürmer-Ikone und heute scharfzüngiger BBC-Kommentator, setzte im Verlauf des Abends einen entsprechend sarkastischen Tweet ab: «Ich weiss gar nicht, weshalb wir so kritisch waren mit England. Schaut, wie schwer es den Franzosen fällt, gegen Island zu spielen.» 

Telegramm, Europameisterschaft, Viertelfinal
Frankreich – Island 5:2 (4:0)
Stade de France, Saint-Denis. – 76’833 Zuschauer. – SR Kuipers.
Tore: 12. Giroud (Matuidi) 1:0. 19. Pogba (Griezmann) 2:0. 43. Payet (Griezmann) 3:0. 45. Griezmann (Giroud) 4:0. 56. Sigthorsson (Gylfi Sigurdsson) 4:1. 59. Giroud (Payet) 5:1. 84. Bjarnason (Skulason) 5:2.
Frankreich: Lloris; Sagna, Koscielny (72. Mangala), Umtiti, Evra; Pogba, Matuidi; Sissoko, Griezmann, Payet (80. Coman); Giroud (60. Gignac).
Island: Halldorsson; Saevarsson, Arnason (46. Ingason), Ragnar Sigurdsson, Skulason; Gudmundsson, Gunnarsson, Gylfi Sigurdsson, Birkir Bjarnason; Bödvarsson (46. Finnbogasson), Sigthorsson (83. Gudjohnsen).
Bemerkungen: Frankreich ohne Kanté und Rami (beide gesperrt), Island komplett.
Verwarnungen: 58. Bjarnason (Foul). 75. Umtiti (Foul).

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