Der einstige chinesische Politstar Bo Xilai hat sich auch am zweiten Verhandlungstag im Korruptionsprozess gegen ihn mit deutlichen Worten zur Wehr gesetzt. Seine Frau, die ihn belastete, bezeichnete Bo laut Veröffentlichungen des Gerichts am Freitag als «verrückt».
Bo hatte bereits den ersten Verhandlungstag zu einer deutlichen Abrechnung mit seinen Anklägern genutzt. Dem 64-jährigen werden Korruption, Veruntreuung und Amtsmissbrauch vorgeworfen. Beobachter sprechen von einem Schauprozess, mit dem die Staatsführung ihren verschärften Kampf gegen Korruption demonstrieren will.
Die Ermittlungen gegen das frühere Politbüromitglied Bo kam durch den Mord an dem britischen Geschäftsmann Neil Heywood ins Rollen – wegen dieses Verbrechens sitzt Bos Frau Gu Kailai im Gefängnis. In ihrer Aussage ging es um die Frage, ob Bo über Bestechungszahlungen des schwerreichen Geschäftsmanns Xu Ming informiert war.
Die einstige Wirtschaftsanwältin Gu sagte in einem im Internet veröffentlichten Video zunächst, ihr Mann habe über Zahlungen und Geschenke Xu Mings «Bescheid wissen müssen». Auf Nachfrage sagte die nervös und blass aussehende Gefangene: «Ich habe es ihm gesagt.»
Angst um Sohn
Bo unterstellte seiner Gattin Unzurechnungsfähigkeit. Sie habe nach dem Mord an Heywood gesagt, sie habe sich dabei «heroisch» gefühlt. Zudem habe Gu sich mit einer historischen chinesischen Mörderin verglichen, was belege, «dass sie geistesgestört war», sagte Bo. Vor dem Hintergrund ihrer Geisteskrankheit hätten die Ermittler sie unter immensen Druck gesetzt, ihn blosszustellen.
Neben den Korruptionsvorwürfen äusserte sich Gu auch zu den Vorgängen rund um eine Luxusvilla an der französischen Riviera. Der Streit um das Anwesen hatte zum Zerwürfnis zwischen der chinesischen Familie und Heywood geführt. Sie habe danach befürchtet, dass Heywood ihren Sohn Bo Guagua in den USA entführen und ermorden werde, sagte Gu.
Grosses Interesse
Das Video mit Gus Aussage wurde im Internet binnen einer Stunde mehr als eine Million Mal angeklickt. In China stösst der Prozess, der von einem grossen Sicherheitsaufgebot begleitet wird, auf grosses Interesse.
Allerdings sind im Gerichtssaal in Jinan in der Provinz Shandong nur Journalisten von Staatsmedien zugelassen. Unabhängige Beobachter haben keinen Zutritt. Das Gericht berichtet im sozialen Netzwerk Sina Weibo selbst über die Verhandlungen. Reaktionen von anderen Nutzern unterliegen der Zensur.
Im Volk beliebt
Der charismatische und ehrgeizige Bo galt als aussichtsreicher Kandidat für höchste Funktionen in Staat und Partei Er ist bei vielen Chinesen beliebt. Doch durch sein hartes Vorgehen gegen Korruption, das er laut Kritikern auch zur Ausschaltung von Gegnern nutzte, und seine Wiederbelebung maoistischer Traditionen brachte er Teile der Parteiführung gegen sich auf.
Das Verfahren, für das zunächst nur zwei Verhandlungstage erwartet worden waren, soll am Samstag fortgesetzt werden. Ein Urteil erwarten Staatsmedien im September. Ein Schuldspruch gilt als sicher, ebenso eine lange Gefängnisstrafe.