Vier Jahre nach dem erfolgreichen Erstling «Mutual Friends» veröffentlicht das deutsch-schweizerische Pop-Duo Boy das Album «We were here». Valeska Steiner und Sonja Glass mussten ihrem verspielten Pop nicht untreu werden, um selbstbewusster zurückzukehren.
Valeska Steiner mag harte Rockmusik und ist wie ihre Kollegin Sonja Glass ein riesiger Hip-Hop-Fan. Zwischen den beiden Musikerinnen der Pop-Gruppe Boy fliegen immer mal die Fetzen, wenn die eine etwas durchsetzen will was der anderen nicht gefällt. Und trotzdem: «Wir werden dauernd auf unsere Lieblichkeit angesprochen».
Das mag mit der Zeit nerven, aber verwunderlich ist es nicht. Man muss sich die zierlichen Frauen aus Zürich und Hamburg nur ansehen: Ob auf Bildern, an Konzerten oder wie jetzt direkt vor der Nase – Boy sind die personifizierte Sympathie neben der leibhaftigen Liebenswürdigkeit. Steiner hat gar etwas kindlich Unschuldiges an sich, während Glass vielleicht ein kleines bisschen trotziger wirkt.
Und letztlich ist es ja selbst den beiden Songschreiberinnen nicht viel anders ergangen als den Journalisten, die ihre positive Art und ihre Vorliebe für herzerwärmende Musik für so bemerkenswert halten. Auch Steiner und Glass mochten sich auf Anhieb, als sie sich vor zehn Jahren in dem Popkurs an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater kennenlernten und bald darauf zusammenspannten.
Kein Druck von Grönemeyer
Am 21. August erscheint das zweite Album des Pop-Duos. Ganze vier Jahre ist es her, seit der zarte, verspielte und durch die Singart Steiners so unverkennbare Folk-Pop von Boy erstmals die Kritiker verzückte und im Nu die Charts eroberte. «Wir sind ein bisschen aufgeregt , wir haben noch nicht so viel Feedback bekommen», sagt die in Hamburg lebende Zürcherin Valeska Steiner im Gespräch mit der sda.
Sie hätten sich für das Schreiben der neuen Songs komplett aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und sich bewusst alle Zeit der Welt gelassen: «Wir wollen keine Musik machen, die aus Kompromissen besteht, sondern Musik, die möglichst nahe an uns beiden dran ist», so Glass. Dieser Prozess brauche nun mal seine Zeit.
Zeit, die ihnen Label-Chef und Musiker Herbert Grönemeyer («Mensch») gerne zugestand. Nach dem erfolgreichen Debüt habe er sie zur Seite genommen «und gesagt, er finde es toll, was alles passiert sei aber wir sollten uns jetzt für das zweite Album Zeit lassen. Und zwar so lange bis wir das Gefühl haben, es gefalle uns. Das ist sehr selten, glaub ich», so Steiner.
Boy müssen sich nicht verbiegen
Boy sind den sanften Tönen, den lieblichen Melodien und den positiven Texten treu geblieben. Kurz gesagt: Sie klingen heute nicht viel anders als auf dem ersten Album.
Im Gegensatz zu «Mutual Friends», wo der inhaltliche Schwerpunkt auf zwischenmenschlichen Beziehungen lag, öffnet sich der Fokus aber diesmal für weitere Schönheiten des Lebens. Hübsche Ecken, berauschende Erlebnisse und Erinnerungen, die für immer bleiben. «We were here, we were here, we were really here», singen Boy im treibenden Titelsong.
Raus, ein bisschen spielen
Das Duo macht nicht mehr nur Musik zum Stillsitzen und träumen. «Ich hatte Lust auf viel Hall, habe mir ein Synthesizer gekauft, das mich total inspirierte», erzählt Glass über ihr Songwriting. Nummern wie «Fear» oder «Hit my Heart» sind eine Aufforderung zum Rausgehen, zum Einfangen von Stimmungen, zum Geniessen – «look how we celebrate our time».
Das neue Album, das in den nächsten Wochen auch in den USA erscheinen wird, weckt ein Gefühl, als würde man in der sommerlichen Dämmerung durch eine pulsierende Grossstadt rennen und sich über jedes einzelne angehende Lämpchen freuen. Es ist lustvoll und deshalb schön.
Das wäre denn auch ein weiteres positives Feedback neben jenem von Herbert Grönemeyer. «Er hat unser neues Album mit in die Ferien genommen» erzählt Valeska Steiner. «Er musste sich am Anfang ein bisschen reinhören, meinte aber, er habe es am Schluss sehr oft gehört und es gefalle ihm sehr.»