Brasilien hat Schwangeren wegen der Gefahr einer Ansteckung mit dem Zika-Virus davon abgeraten, nach Brasilien an die Olympischen Spiele zu reisen. Schwangere sollten dieses Risiko nicht eingehen.
Das sagte der Stabschef von Präsidentin Dilma Rousseff, Jaques Wagner, am Montag (Ortszeit). Das Virus grassiert derzeit in Süd- und Mittelamerika, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte den weltweiten Gesundheitsnotfall. Diese Einstufung soll dem Kampf gegen das Zika-Virus laut WHO einen neuen Schub verleihen.
Eines der Hauptprobleme sei das Fehlen eines zuverlässigen Tests, sagte ein WHO-Sprecher am Dienstag in Genf. «Wir wissen nicht, wann ein Mensch infiziert ist.» Die Entwicklung eines Impfstoffs werde voraussichtlich Jahre dauern. All das werde viele Millionen Dollar kosten. Erstmals wurde der Erreger 1947 im Zika-Wald in Uganda entdeckt.
Krankheit der Armen
Die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) hält einen langfristigen Plan für die Bekämpfung des Erregers für nötig. Die Bevölkerung müsse mehr über die Risiken lernen, sagte der IFRC-Direktor für Nord- und Südamerika, Walter Cotte, in Genf.
Die Organisation wies darauf hin, dass Zika gerade die Armen treffe. «Die meisten Brutstätten der Moskitos sind dort zu finden, wo es keine richtigen Sanitäranlagen gibt und wo es schmutzig ist», sagte IFRC-Sprecher Benoit Matsha-Carpentier der Nachrichtenagentur dpa.
Das IFRC startete einen ersten Spendenaufruf über 2,3 Millionen Dollar zur Bekämpfung des Zika-Virus. Auch das UNO-Kinderhilfswerk UNICEF begann eine Kampagne zum Schutz von Müttern und Schwangeren in den betroffenen Gebieten. Die Organisation braucht dafür über neun Millionen Dollar.
Die Olympischen Spiele werden am 5. August in Rio de Janeiro eröffnet. Brasilien ist besonders schwer von der Zika-Epidemie betroffen: Laut Behörden sind seit Oktober 4000 Babys mit Verdacht auf Mikrozephalie auf die Welt gekommen; ihr Kopf ist viel zu klein und die Gefahr gross, dass sie geistig behindert bleiben oder unter neurologischen Schäden leiden werden.
Schwangere können das von Stechmücken übertragene Zika-Virus an ihre ungeborenen Kinder weitergeben, bei denen es vermutlich zu Fehlbildungen wie Mikrozephalie führen kann. Obwohl der wissenschaftliche Nachweis noch aussteht, vermutet die WHO einen Zusammenhang zwischen dem Virus und den ungewöhnlich vielen Fällen von Mikrozephalie.
In Brasilien ist die Sorge vor einer explosionsartigen Ausbreitung der Epidemie gross – zumal in Rio de Janeiro der Karneval und im August die Olympischen Spiele anstehen. Zu beiden Grossereignissen werden zehntausende Touristen aus aller Welt erwartet.
IOC-Präsident Thomas Bach wies in Los Angeles darauf hin, dass es kein «Reiseverbot» gebe. Die Olympischen Spiele fänden im brasilianischen Winter statt und damit nicht zu Hauptbrutzeit der Mücken.
Nur 20 Prozent der Infizierten haben Symptome
Bis vor wenigen Monaten galt das Zika-Virus als weitgehend harmlos: Viele Infizierte merken gar nicht, dass sie das Virus in sich tragen, nur bei 20 Prozent führt es zu grippeähnlichen Symptomen oder Hautausschlag. Experten warnen aber inzwischen auch, dass es das Guillain-Barré-Syndrom auslösen kann, eine Nervenkrankheit.
Vor allem Kolumbien, das mehr als 20’000 Zika-Fälle gemeldet hat, scheint davon betroffen. Die Zahl der Kranken mit Guillain-Barré-Syndrom sei «explosionsartig» angestiegen, sagte Gesundheitsminister Alejandro Gaviria im kolumbianischen Rundfunk. Derzeit kämen auf 1000 Zika-Fälle 2,3 Patienten mit dem Syndrom, das zu Lähmungserscheinungen führen kann.
Panama meldete am Montag 50 Zika-Fälle. Honduras, wo sich die Zahl der Infizierten innert drei Tagen auf rund 3650 verdreifacht hat, erklärte den nationalen Notstand.
Abtreibungsverbot
Mehrere betroffene Länder riefen dazu auf, vorerst auf Schwangerschaften zu verzichten. In den meisten dieser Länder herrschen strikte Abtreibungsverbote. Aus Sorge, mit dem Zika-Virus infizierte Schwangere könnten heimlich und unter schlimmsten Umständen abtreiben, bietet eine niederländische Nichtregierungsorganisation deshalb kostenlose Abtreibungspillen an.
Frauen, die in Sorge um ihr Ungeborenes seien, könnten sich per Internet an sie wenden und sich beraten lassen, sagte die Leiterin der Bewegung Women on Web, Rebecca Gomperts, am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Sie rief Brasilien auf, auf dem Postweg versandte Abtreibungspillen nicht mehr wie üblich abzufangen.