Mit Beklemmung hat das Publikum in Weimar bei einer umstrittenen Kunstaktion des Schweizer Regisseurs Milo Rau auf das Verlesen einer bislang für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Erklärung des norwegischen Massenmörders Anders Breivik reagiert.
Die deutsch-türkische Sascha O. Soydan verlas im Lichthaus-Kino vor etwa 100 Zuschauern die Rede, mit der Breivik vor dem Osloer Gericht für die 77 Morde rechtfertigen wollte. Dabei hatte er seine Theorie vom Untergangs Europas durch den „Multikulturalismus“ skizziert.
„Ich bin nicht Breivik. Ich lese seinen Text. Dazu brauche ich eine Distanz, aber ich versuche zu denken wie er“, sagte Soydan. Solche Texte gehörten zu einer politischen Auseinandersetzung.
Debattiert wurde nicht, ob die ursprünglich gesperrten Texte überhaupt veröffentlicht werden sollen. Das Deutsche Nationaltheater hatte sich in dieser Woche von der Lesung aus dem gemeinsamen Projekts „Power and Dissent“ mit dem Autor und Regisseur Rau distanziert.
Rau hatte daraufhin die Lesung aus dem e-werk verlegt. Für ihn sind Breiviks Rechtfertigungen gängiges rechtes Gedankengut. Breivik selbst zieht Verbindungen zu dem aus Jena stammenden Terrortrio NSU. Breivik hatte am 22. Juli 2011 in Norwegen 77 Menschen getötet.