Das britische Parlament hat einen Antrag für ein landesweites Referendum über einen Austritt aus der EU wie erwartet abgelehnt. Mit 483 zu 111 Stimmen fiel das Ergebnis am Montagabend zwar deutlich aus. Doch für Premier David Cameron kam es einer Niederlage gleich.
Mit 80 Abgeordneten votierten mehr als ein Viertel aus Camerons Fraktion für die Vorlage. Es ist damit die grösste parteiinterne Revolte in Grossbritannien gegen einen konservativen Regierungschef in Europa-Fragen. Cameron hatte seine traditionell europaskeptische Partei in einer hitzigen Debatte über fünf Stunden aufgefordert, gegen den Antrag von Rebellen aus den eigenen Reihen zu stimmen.
Grossbritannien befindet sich bei der Europapolitik in einem Dilemma: Camerons Regierung ist bei Rettungsaktionen für die Eurozone zurückhaltend, will aber bei wichtigen Entscheidungen nicht ausgeschlossen werden, vor allem wenn sie die in London stark vertretene Bankenbranche betreffen.
Die Abstimmung war vom rechten Flügel seiner eigenen Partei initiiert worden. Cameron hatte in den vergangenen Wochen wiederholt versucht, die seit Jahren andauernde Wirtschaftskrise in Grossbritannien mit dem Euro-Problem zu erklären. Er sagte im Unterhaus, er werde auch künftig in Brüssel den Finger in die Wunde legen.
Abweichler bearbeitet
Die EU und die britische Rolle müssten überdacht werden. „Genauso wie Sie möchte auch ich grundlegende Reformen sehen“, sagte er in Richtung der Partei-Rebellen. Für ein Referendum über einen EU-Ausstieg Grossbritanniens sei derzeit aber ein denkbar schlechter Zeitpunkt. Diese Ansicht vertrat im Parlament auch der als eurokritisch bekannte Aussenminister William Hague.
Cameron hatte noch bis kurz vor der Abstimmung, deren Ergebnis nicht bindend war, versucht, einen Teil der Aufständler umzustimmen. „Wenn das Haus des Nachbarn brennt, sollte der erste Impuls der sein, zu helfen – nicht zuletzt, um ein Übergreifen der Flammen auf das eigene Haus zu verhindern“, sagte er.
Doch viele der Abweichler betonten während der Debatte im Parlament, ihre Entschlossenheit das Referendum zu unterstützen, auch wenn ihnen dadurch persönliche Nachteile erwachsen würden. „Schweren Herzens“ würde er die Konsequenzen tragen, sagte etwa der Abgeordnete Stewart Jackson.
Die Europafrage belastet auch die derzeitige Koalitionsregierung. Die Liberaldemokraten, Juniorpartner in der Koalition, sind proeuropäisch eingestellt. Die Abstimmung am Montag war durch eine Petition auf der Internet-Seite der Regierung angestossen worden, die von mehr als 100’000 Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet worden war.