Eine allfällige Kandidatur Graubündens um die Austragung der Olympischen Winterspiele 2022 hat eine wichtige Hürde genommen. Das Bündner Kantonsparlament hat sich mit grosser Mehrheit für Olympia ausgesprochen.
Die Grossrätinnen und Grossräte beschlossen am Dienstag mit 100 zu 16 Stimmen, dem Bündner Stimmvolk die Einreichung der Kandidatur zu empfehlen. Als Grundlage soll das von der Regierung vorgelegte Konzept dienen.
Die Entscheidung fiel nach einer emotionalen, zehn Stunden dauernden Diskussion, die bereits am Montag begonnen hatte. Gegen eine Kandidatur stimmte allein die SP-Fraktion. Der einzige Parlamentarier der Grünliberalen enthielt sich der Stimme.
Mit vergleichbaren Stimmenverhältnissen bewilligte das Parlament einen Verpflichtungskredit von 8 Millionen für die Kandidatur sowie die Bildung von Reserven von 300 Millionen für die Durchführung der Spiele. Mit den reservierten Geldern sollen die Kosten für Infrastruktur und Sicherheit gedeckt werden.
Keine Defizitgarantie
Das Parlament machte zudem einstimmig klar, dass der Kanton Graubünden in keinem Fall ein Defizit für die operative Durchführung der Winterspiele übernehmen wird. Die Durchführung sei Sache des Bundes, und deshalb trage der Bund auch das Risiko, erklärte Volkswirtschaftsdirektor Hansjörg Trachsel.
Der Bundesrat will eine Defizitgarantie von einer Milliarde Franken übernehmen. Das letzte Wort hat das eidgenössische Parlament. Die Bündner Stimmberechtigten werden über die Kandidatur und die Bildung der Reserven am 3. März an der Urne entscheiden. Noch ist aber unklar, in welcher Form ihnen die Geschäfte vorgelegt werden.
Die vorberatende Kommission will die Reservenbildung einem obligatorischen Referendum unterstellen. Darüber abgestimmt wird im Parlament allerdings erst am Mittwoch. Vorher gilt es, Unsicherheiten über die zulässige Formulierung der Abstimmungsfrage zu klären.
Bürgerliche Hoffnung auf Bundesgelder
Die Begeisterung für Olympische Winterspiele ist bei den bürgerlichen Parteien gross. Kritische Voten gab es aus ihren Reihen kaum, sie sehen nur Vorteile. Dank der Spiele sollen private Investitionen und Bundesgelder nach Graubünden fliessen, von denen der Kanton ansonsten nicht einmal zu träumen wagte.
Nur mit Olympia käme Graubünden wieder auf den Radar des Bundes, hiess es. Mit der Kandidatur würden Verkehrsprojekte aktuell, die beim Bund derzeit nicht einmal vierte Priorität hätten. Ausgebaut werden soll auch die touristische Infrastruktur.
Grosse Hoffnungen setzt man in den erwarteten Werbeeffekt. Die weltweite TV-Ausstrahlung soll Graubünden als Feriendestination bekannter machen und die Bündner Gästebetten über die Spiele hinaus füllen.
Sozialdemokraten: „Russisches Roulette“
Kein Verständnis für die Olympia-Euphorie der Bürgerlichen haben die Sozialdemokraten. Sie sind der Meinung, dass die Spiele für Graubünden eine Nummer zu gross sind. Für die Umwelt, die Bevölkerung und die öffentlichen Finanzen würde Olympia eine zu grosse Belastung darstellen, hiess es. Das finanzielle Risiko für den Kanton käme einem russischen Roulette gleich.
Die SP-Fraktion stellte im Parlament den Antrag, die Kandidatur zu verwerfen und die 300 Millionen Franken des Kantons für Strukturprogramme zur Entwicklung des Tourismus, der übrigen Wirtschaft und der Erneuerung der Verkehrsinfrastruktur zu verwenden. Der Antrag wurde mit 100 zu 16 Stimmen abgeschmettert.