Die Beschriftung am modernen Neubau des Bündner Kunstmuseums in Chur nur auf Deutsch hat den Protest der rätoromanischen und italienischen Sprachminderheiten provoziert. Die Kantonsregierung musste klein beigeben.
Mitte nächster Woche wird nach zweijähriger Bauzeit der 28 Millionen Franken teure Erweiterungsbau des Bündner Kunstmuseums in der Churer City eingeweiht und seiner Bestimmung übergeben – kulturell eine Veranstaltung erster Güte. Vorerst allerdings sorgte am Mittwoch die offen gelegte Beschriftung an der Frontseite des Kubus für Kopfschütteln bei den Bündner Sprachminderheiten.
«Bündner Kunst Museum Chur» prangt rechts auf vier Linien an der Frontseite des Museums. Eine Anschrift in rätoromanischer und italienischer Sprache in gleicher Grösse fehlt. Das Bündner Kunstmuseum verhalte sich sprachpolitisch vorbildlich. Bei der Beschriftung des Neubaus aber komme «fehlende Sensibilität zum Ausdruck», sagte Andreas Gabriel, Mediensprecher der rätoromanischen Dachorganisation Lia Rumantscha, auf Anfrage.
Ein «Fauxpas»
Ins gleiche Horn stiess entschlossen die Vereinigung der italienischsprachigen Bündnerinnen und Bündner, die Pro Grigioni Italiano. Generalsekretär Giuseppe Falbo sprach von einem «Fauxpas». Das neue Kunsthaus sei doch ein Repräsentationsbau auch für die Kultur im dreisprachigen Graubünden.
In einer «persönlichen Bemerkung» griff am Mittwoch der italienischsprachige Grossrat Luca Tenchio das Thema spontan während einer Sitzung des Kantonsparlaments auf. Er forderte die «gesetzeskonforme Beschriftung» des Hauses, das die renommierten spanischen Architekten Barozzi/Veiga aus Barcelona entwarfen.
Ein Logo – keine Beschriftung
Tatsächlich heisst es in der Sprachenverordnung zum Bündner Sprachengesetz, dass Anschriften an kantonalen Gebäuden und Schulen des Kantons in der Amtssprache der Standortgemeinde erfolgen sollen. Weiter heisst es: «In Chur werden diese Gebäude in allen drei Amtssprachen beschriftet.»
Die Beschriftung auf der Frontseite des Neubaus sei ein Logo, betonte der oberste Bündner Baumeister, Regierungsrat Mario Cavigelli (CVP), auf Anfrage. In diesem Sinne sei das Gebäude nicht angeschrieben.
Cavigelli musste indes einräumen, dass die Beschriftung nicht zwingend als Logo erkennbar sei. Der Kanton als Bauherr beweist nun laut Cavigelli Flexibilität. Die Schriftzüge «Museum d’art dal Grischun» und «Museo d’arte dei Grigioni» werden nun nachträglich an je einer Seitenwand des Gebäudes angebracht. Gleichwertig soll der Schriftzug laut Regierungsrat sein, aber nicht gleichberechtigt mit dem Deutschen auf dem Frontportal.
Zufrieden mit dem Einlenken des Kantons zeigte sich die Lia Rumantscha: «Ina fitg buna soluziun» (eine gute Lösung) sei gefunden worden, liess die Sprachvereinigung verlauten.