Bund akzeptiert Asbest-Urteil des Gerichtshofs für Menschenrechte

Der Bund akzeptiert das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zugunsten der Witwe eines Asbest-Opfers. Das Bundesamt für Justiz (BJ) stellt kein Gesuch um eine Neubeurteilung des Falls durch die Grosse Kammer.

Blick auf den Europäischen Gerichtshof in Strassburg (Archiv) (Bild: sda)

Der Bund akzeptiert das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zugunsten der Witwe eines Asbest-Opfers. Das Bundesamt für Justiz (BJ) stellt kein Gesuch um eine Neubeurteilung des Falls durch die Grosse Kammer.

Der Entscheid sei nach Konsultation des Bundesgerichts, des Kantons Aargau und der SUVA gefallen, sagte BJ-Informationschef Folco Galli am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.

Der EGMR in Strassburg hatte im März der Witwe eines Asbest-Opfers Recht gegeben. Ihr und den zwei Töchtern sei in der Schweiz mit Verweis auf die Verjährungsfrist ein fairer Prozess verweigert worden, befand er.

Damit sei der Anspruch auf Zugang zu einem Gericht verletzt worden. Dieser ist in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert.

Forderung fünf Tage nach Tod

Der Verstorbene hatte zwischen 1965 und 1978 beruflich Kontakt mit Asbest. Im Mai 2004 wurde bei ihm Krebst diagnostiziert, eineinhalb Jahr später starb er. Fünf Tage nach dem Tod ihres Mannes reichte die Witwe eine Genugtuungsforderung ein.

Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau und im Jahr 2010 auch das Bundesgericht wiesen die Forderung der Frau zurück. Das Bundesgericht machte geltend, dass das Verantwortlichkeitsgesetz des Bundes eine Frist von höchstens zehn Jahren vorsehe.

Die Frau hätte ihre Forderung also 1988 deponieren müssen – 16 Jahre, bevor der Krebs bei ihrem Mann diagnostiziert wurde.

Verjährungsrecht

soll revidiert werden

Bundesrat und Parlament seien sich des Problems bewusst, sagte Folco Galli: Forderungen bei Spätschäden können verjähren oder verwirken, bevor der Schaden eingetreten ist und die Betroffenen davon wissen.

Daher hat der Bundesrat im vergangenen November die Botschaft für eine Verbesserung und Vereinfachung des Verjährungsrechts verabschiedet. Damit sollen Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche künftiger Opfer von Spätschäden nicht oder in weniger Fällen an der Frage der Verjährung scheitern.

Konkret will der Bundesrat die absolute Verjährungsfrist bei Personenschäden von 10 auf 30 Jahre verlängern. Das Urteil des EGMR unterstreicht gemäss Galli die Notwendigkeit der Gesetzesrevision mit Blick auf Spätschäden.

Nächster Artikel