Weil UPC Cablecom britische und US-amerikanische Besitzer hat, will der Bund ihr keine Aufträge für Datentransporte mehr geben. Nach Auffliegen der NSA-Affäre hat er Cablecom als mögliche Schwachstelle identifiziert.
Der Bund möchte nicht mit dem Telekommunikationsunternehmen UPC Cablecom zusammenarbeiten, da die Firma britische und US-amerikanische Besitzer habe. Cablecom könnte als Einfallstor für nachrichtendienstliche Angriffe dienen. Das geht aus einem Zwischenentscheid des Bundesverwaltungsgerichts (BVG) vom 7. Oktober hervor, den die BZ-Medien publik gemacht haben. Beim Streit geht es um drei Grossaufträge des Bundes für Datentransportleistungen, bei denen Cablecom mitgeboten hatte, wie dem Entscheid zu entnehmen ist.
Cablecom wehrt sich gegen den Ausschluss und hat beim BVG nun aufschiebende Wirkung erwirkt. Das bei der Vergabe federführende Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) hatte Cablecom Anfang Februar über den Ausschluss informiert. Gleichentags erhielt Swisscom den Zuschlag für den ersten der drei Aufträge im Wert von 230 Millionen Franken.
Entscheid des Bundesrates
Der zweite Auftrag wurde nicht vergeben, weil «kein zweites Angebot die technischen Spezifikationen und Eignungskriterien erfüllt habe». Das dritte Verfahren brach der Bund ab.
Nur Tage zuvor, am 29. Januar, hatte der Bundesrat wegen der NSA-Affäre beschlossen, dass kritische IT- und Kommunikationsinfrastrukturen der Bundesverwaltung «aus Gründen der Staatssicherheit» nur noch von dieser selbst oder bei einer Auslagerung nur «von inländisch beherrschten Unternehmen» erbracht werden dürfen, womit nur noch die Swisscom in Frage kommen dürfte.
Verstoss gegen WTO-Abkommen
Damit wurden während des Verfahrens die Eignungskriterien für Anbieter geändert. Das widerspreche dem WTO-Abkommen, verschiedenen Bundesgesetzen und der Verfassung, argumentiert Cablecom. Diese Regeln erlaubten nicht, die Spielregeln eines laufenden Verfahrens zu ändern.
Dem Bund habe zudem bereits vor Beginn der Ausschreibung von der Gefahr gewusst, dass seine Datennetze ausspioniert werden könnten. Das zeige eine Antwort des Bundesrates kurz vor Beginn der Ausschreibung auf eine schriftliche Anfrage im Parlament am 10. Juni 2013.
Damals sah der Bundesrat «keinen konkreten Anlass, generelle Technologieausschlüsse zu formulieren». Bei Ausschreibungen werde der Informationssicherheit hohe Bedeutung zugemessen. Man halte sich an das WTO-Abkommen.
«Acte de gouvernement»
Der Bund argumentiert, dass der Bundesrat durch die Verfassung «befugt und verpflichtet» sei, Massnahmen zur Wahrung der inneren und äusseren Sicherheit zu ergreifen. Ein solcher Regierungsentscheid («acte de gouvernement») könne wegen dessen «genuin politischen Charakters» überdies gar nicht vor Gericht angefochten werden.
Bei den Datennetzen des Bundes würden die öffentlichen Interessen die privaten Interessen eines «gewinnstrebigen» Unternehmens übertreffen. Die Beschwerde von Cablecom richte sich letztlich gegen den Entscheid des Bundesrates selbst und nicht nur gegen die Vergabe durch das BBL.
Teilsieg für Cablecom
Das Bundesverwaltungsgericht erklärte dagegen, eine Vergabebehörde sei an die von ihr selbst auferlegten Vorgaben gebunden. Wenn aus öffentlichem Interesse Kriterien geändert würden, sei dies rechtswidrig, wenn die Gründe dafür bereits zum Zeitpunkt der Ausschreibung «voraussehbar waren».
Der Einwand von Cablecom, das Vorgehen des Bundes verstosse gegen Treu und Glauben und damit gegen das Transparenzgebot, sei «nicht offensichtlich unbegründet».
Prüfen will das BVG auch, ob der Bundesratsbeschluss tatsächlich ein «acte de gouvernement» gewesen ist und ein Gericht in diesem Fall gar nicht eingreifen darf. Eine solche Notverordnung darf der Bundesrat nur beschliessen, wenn es das öffentliche Interesse in dringenden Fällen rechtfertigt, von geltendem Recht abzuweichen. Das BVG will zudem prüfen, ob solche Änderungen auch bereits laufende Verfahren betreffen.
Rückzug einer Teilbeschwerde
Trotz des Gerichtsstreits kommt die Swisscom beim 230-Millionen-Auftrag zum Zug. Cablecom hat ihre Beschwerde dagegen zurückgezogen, denn es stellte sich heraus, dass die Swisscom-Offerte günstiger war. Beim Auftrag geht es um Netzanschlüsse an 300 Standorten.
Cablecom hält den Rest der Beschwerde aber aufrecht. Sie hofft, bei Folgeaufträgen den Zuschlag zu erhalten. Wann das BVG entscheidet, ist offen.