Der Bund will gegen den teils schlechten Zustand der Bahninfrastruktur ankämpfen. Mit mehreren Massnahmen sollen die vergangenen Versäumnisse beim Unterhalt ausgemerzt werden. Kritisiert wird in einem Bericht auch die SBB. Diese verlangt ihrerseits mehr Subventionen.
Mehr Züge, grösserer Schienenverschleiss, aber weniger Pflege: In den Nullerjahren sind die SBB und die Privatbahnen beim Unterhalt ihrer Infrastruktur in Rückstand geraten. Das kostet den Steuerzahler und Bahnfahrer künftig viel Geld.
Gemäss der im vergangenen September verabschiedeten Leistungsvereinbarung 2017-2020 stockt der Bund die Subventionen an die SBB für Betrieb, Erhalt und Erneuerung der Infrastruktur in diesem Zeitraum um 15 Prozent auf rund 7,6 Milliarden Franken auf.
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) will die stetig steigenden Kosten nun aber in den Griff bekommen. In einem am Donnerstag präsentierten Bericht wurden deshalb Empfehlungen und Massnahmen dargelegt, mit welchen die Lebensdauer der Infrastruktur verlängert und der finanzielle Mehrbedarf begrenzt werden soll.
Langsamere Güterzüge
«Wir müssen beispielsweise Anreize setzen, damit das bestehende Rollmaterial verbessert wird», sagte BAV-Direktor Peter Füglistaler vor den Medien in Ittigen BE. Aber auch die Bahnbetreiberinnen stünden in der Pflicht: Verbesserungspotenzial gebe es insbesondere bei der Zustandserfassung der Fahrbahn oder bei den Abnahmeprozessen nach Bauarbeiten.
Mittelfristig müssten auch Geschwindigkeitsreduktionen von Güterzügen und bei Fahrten über Weichenbereiche vor Bahnhöhen überprüft werden, sagte Füglistaler. Zudem müsse man die Lehren aus alten Fehlern ziehen. «Der Einfluss der hohen Geschwindigkeiten auf der Neubaustrecke zwischen Mattstetten und Rothrist wurden klar unterschätzt», sagte Thomas Lang, Sektionsleiter Bautechnik beim BAV. Der Verschleiss der Schienen sei dort deutlich höher als angenommen.
«Zu hohe finanzielle Forderungen der SBB»
Füglistaler legt den Fokus aber nach vorne. «Zurückschauen bringt nichts», sagte er. Trotzdem findet er kritische Worte an die Adresse der SBB. Auf die Frage eines Journalisten, ob die SBB das Infrastrukturproblem zu gewissen Zeiten in der Vergangenheit nicht im Griff gehabt habe, sagte er: «Das ist so.»
Auch die finanziellen Forderungen der Bundesbahnen gehen Füglistaler zu weit: «Jede Eingabe der SBB ist zwanzig Prozent zu hoch.» Er bestreite den Nachholbedarf bei der Nachholbedarf zwar nicht, jedoch brauche es dafür nicht so viel Geld. «Unsere Offerten sind sehr grosszügig und garantieren einen guten Zustand der Eisenbahn-Fahrbahn.»
Mehrkosten von zwanzig Prozent ab 2021
Dies sieht die SBB freilich anders. Gemäss einem Bericht des Ingenieurbüros Ernst Basler+Partner, den die SBB den Zeitungen «Tages-Anzeiger» und «Der Bund» zur Verfügung gestellt hat, soll der Mittelbedarf für den Unterhalt ab dem Jahr 2021 nochmals «um rund 20 Prozent pro Jahr zunehmen». Die Kosten allein für Wartung und Erneuerung werden für die Periode 2021-2024 um 1,2 Milliarden Franken aufschlagen.
Der Ingenieurbericht stützt die Offerte der SBB zuhanden des Bundes. Er attestiert, dass die SBB beim Budget «erstmals konsequent einen bedarfsorientierten Ansatz verfolgt» hätte. Die eingesetzten Gelder entsprächen dem Zustand des Bahnnetzes und erfüllten «bezüglich Sicherheit, Verfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit» die Ziele des Bundes.
Füglistaler sagte dazu, dass sein Bundesamt eine andere finanzielle Dimension sehe. Er zeigt sich aber zuversichtlich: «Wir werden uns wie immer in einer Schnittmenge finden.»