Ob Fair gehandelt oder biologisch angebaut – viele Konsumenten wollen wissen, was hinter ihren Nahrungsmitteln steckt. Doch die Flut von Bio, Öko- und Fair-Trade-Labels erschwert die Suche nach dem «sauberen» Produkt. Nun hat der Bund ein Projekt gestartet, das helfen könnte.
In der Schweiz gibt es rund 34 verschiedene Labels für Früchte und Gemüse. Beim Kauf von Fleisch kann der Konsument oder die Konsumentin schweizweit aus mindestens 35 Bio- oder Fair-Trade-Labels auswählen. Auch wenn es bei den einzelnen Produkten Überschneidungen gibt, das Dickicht an zertifizierten Produkten ist gross.
«Ja, der Konsument ist oftmals verloren», sagte Simon Zeller, Projektleiter der Plattform labelinfo.ch, die von der Stiftung praktischer Umweltschutz Schweiz (Pusch) bereitgestellt wird. Die Website will umweltbewussten Konsumenten helfen, die richtige Wahl zu treffen.
Das Problem sei etwa, dass viele Detailhändler ihre eigenen Labels lanciert hätten. Zwar fänden sich in einem einzelnen Geschäft nur gerade eine Handvoll verschiedener Bio- oder Ökolabels – dafür aber in jedem Laden andere.
Zudem ist nicht auf Anhieb klar, wofür die Zertifizierungen stehen – beispielsweise, was Biolabels tatsächlich abdecken. Konsumenten müssen sich genau informieren, um an die Informationen zu gelangen. Kaum möglich ist es, Produkte auf ihren ökologischen Fussabdruck hin miteinander zu vergleichen.
Auf der Suche nach dem ökologischen Fussabdruck
Das könnte sich jedoch bald ändern: Die landwirtschaftliche Forschungsanstalt des Bundes, Agroscope, hat in Zusammenarbeit mit Quantis, einer Beratungsfirma im Bereich Ökobilanzierung, ein Projekt lanciert. Dieses soll es ermöglichen, möglichst genaue Aussagen über die Umweltwirkungen eines Produkts zu machen. Dazu wird eine umfassende und aktuelle Datenbank geschaffen, die präzise Ökobilanzierungen im Lebensmittelsektor ermöglicht.
Bisher fehlt es an aktuellen und transparenten Daten. Diese seien aber Voraussetzung für korrekte Informationen zu den Umweltwirkungen von Produkten, etwa für Umweltdeklarationen, teilte Agroscope am Mittwoch mit.
Die «World Food LCA Database» wird gemäss Angaben über 200 Datensätze zu verschiedenen landwirtschaftlichen Kulturen und tierischen Produkten bieten. Dabei sollen auch unterschiedliche Produktionsverfahren sowie Verarbeitungs-, Lagerungs- und Transportprozesse berücksichtigt werden.
Am Projekt beteiligt sind das Bundesamt für Umwelt (BAFU), die französische Umwelt- und Energiebehörde ADEME sowie zahlreiche Unternehmen wie Nestlé, Syngenta, Bayer oder der amerikanische Nahrungsmittelriese Kraft Foods.
Ob und in welcher Form die Daten dann auch tatsächlich den Weg auf die Verpackungen finden, ist derzeit jedoch noch nicht klar. «Dies hängt sehr von den gesetzlichen Rahmenbedingungen ab, das heisst, ob die Firmen verpflichtet werden die Ökobilanzen transparent zu machen oder ob es Informationen auf freiwilliger Basis geben wird», sagtE Jens Lansche, Projektleiter bei Agroscope.
Nächster Schritt: Umweltetikette
Der Bund scheint da schon einen Schritt weiter zu sein. Derzeit ist das BAFU in Absprache mit Detailhändlern sowie Umwelt- und Konsumentenorganisationen daran, Empfehlungen zu Produkte-Umweltdeklarationen zu erarbeiten. Anders Gautschi, Sektionschef Konsum und Produkte beim BAFU, bestätigte einen entsprechenden Artikel im «Tages-Anzeiger» und im «Bund» vom Freitag.
Diese Deklarationen sollten insbesondere für Produkte mit erheblicher Umweltwirkung relevant sein, sagte Gautschi weiter. Die Empfehlungen sollen im kommenden Jahr veröffentlicht werden.
Ein weiterer Schritt wären Umweltetiketten, mit welchen die Wertschöpfungskette und die Ökobilanz eines Produkts transparent gemacht würden. Wie Gautschi sagte, sei dies mit dem revidierten Umweltschutzgesetz möglich, allerdings sei noch kein Obligatorium geplant.
Information bleibt einseitig
Labelexperte Simon Zeller begrüsst mehr Transparenz für die Konsumenten. Zwei Probleme sieht er dennoch: Landen die Informationen für die Ökobilanzen eines Produkts tatsächlich auf der Verpackung, könnte es sein, dass die Konsumenten die Angaben überhaupt nicht verstehen und einordnen können – CO2-Werte als Beispiel.
Andererseits gäben die Informationen nur über die Ökobilanz eines Produktes Auskunft, nicht aber darüber, ob es auch fair gehandelt wurde oder existenzsichernde Löhne bezahlt wurden. So könne es sein, dass eine Tomate aus Spanien – sofern sie im Winter gekauft wird – zwar eine gute Ökobilanz aufweise. Die teilweise gravierenden Missstände auf spanischen Plantagen mit unterdrückten Wanderarbeitern blieben dem Kunden indes verborgen.