Die Bundesanwaltschaft hat sich mit Friedrich Tinner sowie seinen Söhnen Urs und Marco auf eine Anklage und ein Strafmass geeinigt. Der Ball liegt nun beim Bundesstrafgericht, das über den im abgekürzten Verfahren getroffenen Handel befinden muss.
Die Bundesanwalktschaft (BA) hat am Dienstag mitgeteilt, dass sie in der Atomschmuggelaffäre um die Tinners beim Bundesstrafgericht Anklage erhoben hat. Diese lautet auf mutmassliche Widerhandlungen gegen das Kriegsmaterialgesetz. Ein Sohn wird zudem der Urkundenfälschung beschuldigt.
Kein Beweisverfahren mehr
Die übrigen Straftatbestände seien wegen Verjährung eingestellt worden. Mit der Anklageerhebung im abgekürzten Verfahren steht fest, dass die Tinners den ihnen vorgeworfenen Sachverhalt eingestehen und dass sie sich mit der BA darüber geeinigt haben, welches Strafmass dem Gericht beantragt werden soll.
Die Höhe der ausgehandelten Strafe ist nicht bekannt. Sie darf aber nicht mehr als fünf Jahre betragen. Das Bundesstrafgericht wird nun darüber entscheiden müssen, ob die Durchführung des abgekürzten Verfahrens überhaupt angebracht ist und falls ja, ob der Deal zwischen der BA und den Tinners abgesegnet werden kann.
Ein Beweisverfahren findet dabei nicht mehr statt. Winkt das Bundesstrafgericht die Anklage durch, werden deshalb die genauen Umstände der Tätigkeit von Friedrich Tinner und seinen Söhnen sowie die Rolle der Schweiz und der USA wohl nie restlos geklärt werden.
Ermittlern Hände gebunden
Das Eidgenössische Untersuchungsrichteramt hatte den Tinners angelastet, seit den späten 1970er Jahren im Netzwerk des pakistanischen «Vaters der Atombombe» Abdul Qadeer Khan an der Urananreicherung zur Produktion von Atomwaffen mitgewirkt zu haben. Bereits im Juni 2003 sollen die Tinners dabei von der CIA angeworben worden seien.
Ab diesem Zeitpunkt hätten sie in deren Auftrag weiter für Khan gearbeitet und damit zum Auffliegen seines Netzes beigetragen. Offenbar auf ihren Tip hin konnten die Geheimdienste im Oktober 2003 in Italien ein Schiff abfangen, das mit Teilen für eine Urananreicherungsanlage nach Libyen unterwegs war.
Die Details der CIA-Tätigkeit durften allerdings auf Geheiss des Bundesrates nicht unter die Lupe genommen werden. Laut der Medienmitteilung der BA vom Dienstag konnte sie deshalb auch nicht klären, ob die Tinners tatsächlich mit ausländischen Diensten zur Aufdeckung des libyschen Atomwaffenprogrammes beigetragen haben.