Die Bundesanwaltschaft kann Vorwürfe gegen Serge Gaillard abklären, den Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung. Das Justiz- und Polizeidepartement hat sie dazu ermächtigt. Gaillard weist die Vorwürfe zurück, begrüsst aber die Abklärung.
Ein früherer Angestellter der Zentralen Ausgleichsstelle der AHV (ZAS) hatte Gaillard wegen falscher Anschuldigungen angezeigt. Das Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) hat die Bundesanwaltschaft nun auf deren Ersuchen hin zur Abklärung ermächtigt, wie es am Donnerstag mitteilte.
Das EJPD betont, der Entscheid sage nichts über Schuld oder Unschuld der angezeigten Person aus. Diese Fragen seien im Strafverfahren zu prüfen. Eine Ermächtigung braucht die Bundesanwaltschaft, wenn ein Angestellter des Bundes einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, die sich auf seine amtliche Tätigkeit oder Stellung bezieht. Das soll das Bundespersonal davor schützen, wegen offensichtlich unbegründeter oder mutwilliger Anzeigen in Strafverfahren verwickelt zu werden.
Dokumente den Medien zugespielt
Die Vorwürfe gegen Gaillard stehen im Zusammenhang mit der Affäre um die Zentrale Ausgleichsstelle der AHV (ZAS). Die Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) erstattete im März 2014 Strafanzeige wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses, weil den Medien interne Dokumente zugespielt worden waren.
Laut Gaillard richtete sich die Strafanzeige gegen Unbekannt. In der Anzeige sei darauf hingewiesen worden, dass die EFV über keine abschliessenden Hinweise auf die Täterschaft verfüge. Vorschriftsgemäss seien Verdachtsmomente beigelegt und Anhaltspunkte genannt worden. Diese betrafen einen Mitarbeitenden der ZAS.
Die Bundesanwaltschaft eröffnete in der Folge ein Verfahren gegen diese Person. Das Verfahren wurde später eingestellt, weil sich die Verdachtsmomente nicht erhärten liessen. Der ZAS-Mitarbeitende reichte indes Strafanzeige gegen Gaillard ein wegen falscher Anschuldigung, Verleumdung, Amtsmissbrauch und versuchter Nötigung.
«Haltlose Vorwürfe»
Die Finanzverwaltung schreibt in einer Stellungnahme, Serge Gaillard begrüsse es, dass die Vorwürfe gegen ihn endlich geklärt werden könnten. Er weise diese als «haltlos» zurück und hoffe, dass das Verfahren rasch abgeschlossen werden könne.
Weiter hält die EFV fest, die Auseinandersetzungen hätten mit Whistleblowing nichts zu tun. Gaillard habe sich im Zusammenhang mit den Vorkommnissen in der ZAS wiederholt dafür eingesetzt, dass Mitarbeitende nicht benachteiligt würden, wenn sie auf Verfehlungen und Unregelmässigkeiten hingewiesen hätten.
Die Anzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung rechtfertigt die EFV mit der damaligen Situation. Das gegenseitige Vertrauen in der ZAS habe unter den Indiskretionen gelitten. Die Geschäftsleitung der ZAS habe deshalb den Antrag gestellt, eine Klage wegen Amtsgeheimnisverletzung einzureichen.
Beschaffungsregeln missachtet
Die Unregelmässigkeiten bei der ZAS waren Anfang 2014 ans Licht gekommen. Untersuchungen im Auftrag der EFV kamen später zum Schluss, dass die Ausgleichsstelle bei der Vergabe von IT-Aufträgen die Beschaffungsregeln nicht eingehalten hatte. Hinweise auf Korruption oder grösseren finanziellen Schaden fanden sich dagegen nicht.
Die ZAS ist das Zentralorgan des Bundes für die AHV, die IV und die Erwerbsersatzordnung. Der Bundesrat hatte sie im Frühling 2012 ermächtigt, die IT-Leistungen für ihre Fachapplikationen selbst zu erbringen. Die ZAS hat ihren Hauptsitz in Genf und untersteht in Betrieb und Organisation der Aufsicht der EFV.