Korruptionsverfahren wie um den malaysischen Staatsfonds 1MDB dauern aus Sicht der Bundesanwaltschaft zu lange. Sie will deshalb die dynamische Rechtshilfe ausdehnen. Damit könnten komplexe Verfahren beschleunigt werden, argumentiert Bundesanwalt Michael Lauber.
«Bei komplexen Fällen sind wir abhängig vom Ausland, weil diese meistens eine internationale Dimension haben», sagte Bundesanwalt Michael Lauber am Mittwoch bei der Präsentation des Tätigkeitsberichts der Bundesanwaltschaft (BA) in Bern. Die Zusammenarbeit mit anderen Staaten gestalte sich nicht immer einfach.
Lauber verwies auf den Korruptionsskandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB. Während die Schweiz mit verschiedenen Ländern eng zusammenarbeite, verweigerten die malaysischen Behörden die Kooperation. Dennoch gibt sich Lauber zuversichtlich, dass das Verfahren erfolgreich abgeschlossen wird.
Viel Aufwand und lange Verfahren
Die Folge der heutigen Rechtshilfe ist aus Sicht der BA ein beträchtlicher Aufwand, der die Strafverfolgung erschwert. Da für jedes einzelne Ersuchen jeder betroffenen Person das rechtliche Gehör gewährt werden müsse, dauere es viele Monate, bis die Beweismittel ins Ausland übermittelt werden können.
Abhilfe schaffen soll die Ausdehnung der dynamischen Rechtshilfe auf alle Beweismittel. Das Prinzip bietet die Möglichkeit, Informationen an andere Staaten zu übermitteln, sofern garantiert wird, dass sie nicht als Beweismittel verwendet werden. Dies erlaubt es Behörden, die Informationen für ihre Ermittlungen zu gebrauchen.
Dieses Prinzip ist nicht neu und in verschiedenen Gesetzen bereits heute verankert. Die Bundesanwaltschaft stehe zurzeit in Kontakt mit dem Bundesamt für Justiz (BJ), um dahingehende Überlegungen anzustellen, sagte Lauber weiter.
CS-Razzien: Lauber in Kontakt mit Niederlande
Im letzten Jahr stellte die BA 1094 Strafbefehle aus – gegenüber 580 im Vorjahr. Die Zahl der Strafuntersuchungen ging um 43 auf 190 zurück. 2016 überwies die Behörde 17 Anklagen an das Bundesstrafgericht. Mit 441 sind leicht weniger Strafuntersuchungen hängig.
Neben dem 1MDB-Skandal war das Jahr der Bundesanwaltschaft von weiteren Verfahren im Bereich der Wirtschaftskriminalität wie um den brasilianischen Erdölkonzern Petrobras geprägt. Insgesamt habe die Bundesanwaltschaft Vermögenswerte in der Höhe von sechs Milliarden Franken gesperrt, sagte Lauber.
Er zeigte sich am Mittwoch erneut befremdet darüber, dass die Schweiz nicht vorgängig über die Razzien in ausländischen Filialen der Credit Suisse wegen des Verdachts auf Steuerbetrug informiert wurde. Die Bundesanwaltschaft stehe in Kontakt mit den niederländischen Behörden, sagte Lauber. Weitere Angaben wollte er nicht machen.
Mehr Spielraum für Richter
Viele Ressourcen in Anspruch nahm auch die Terrorismusbekämpfung. Bei der Bundesanwaltschaft sind nach wie vor 60 Strafverfahren im Bereich des Terrorismus hängig.
Unter Laubers Leitung erarbeitete eine Arbeitsgruppe im Auftrag des BJ einen Gesetzesentwurf zum Thema. Ziel sei, Extremisten und Unterstützer von Terrororganisationen härter anzupacken.
Konkret soll die maximale Freiheitsstrafe von fünf auf zehn Jahren erhöht und eine neue Terrorismusstrafnorm geschaffen werden. Eine härtere Bestrafung soll es für Personen geben, die in der Hierarchie der Organisation nachweislich oben stehen. Auch eine reine Mitgliedschaft soll – anders als heute – strafbar sein.
«Es geht darum, den Richtern mehr Spielraum zu geben», sagte Laubers Stellvertreter Ruedi Montanari. Aus seiner Sicht dürfte der Entwurf kaum umstritten sein. Das Justizdepartement werde bis im Sommer eine Vernehmlassung eröffnen.
Aufsichtsbehörde stellt BA gutes Zeugnis aus
Gute Noten erhält Bundesanwalt Lauber von der Aufsichtsbehörde. Die Bundesanwaltschaft führe die Verfahren verantwortungsbewusst, angemessen und zielführend, schreibt die Behörde in ihrem gleichentags veröffentlichten Bericht.
Bei keinem der grossen Fallkomplexe sei der Eindruck entstanden, dass die Staatsanwälte «keine klare Strategie vor Augen» hätten oder durch die Anzahl und Grösse der Verfahren überfordert gewesen seien. Auch die Zusammenarbeit mit inländischen wie ausländischen Behörden funktioniere «sehr zufriedenstellend».