Bundesgericht erweitert Rechtsschutz bei verweigerter Einbürgerung

Das Bundesgericht erweitert den Rechtsschutz für abgewiesene Einbürgerungsbewerber. Die Richter in Lausanne werden künftig auch prüfen, ob einem Kandidaten die geforderte Integration eindeutig zu Unrecht abgesprochen worden ist.

Junge Einbürgerungskandidaten (mittlere Reihe) an einer Gemeindeversammlung (Symbolbild) (Bild: sda)

Das Bundesgericht erweitert den Rechtsschutz für abgewiesene Einbürgerungsbewerber. Die Richter in Lausanne werden künftig auch prüfen, ob einem Kandidaten die geforderte Integration eindeutig zu Unrecht abgesprochen worden ist.

Nach bisheriger Praxis konnte vor Bundesgericht in der Regel nur beanstandet werden, dass der kantonale oder kommunale Entscheid über die verweigerte Einbürgerung diskriminierend oder unzureichend begründet sei. Eine Prüfung, ob die Kandidaten die Voraussetzungen für die Einbürgerung erfüllen, fand nicht statt.

Das soll sich nun ändern. Gemäss einem höchstrichterlichen Grundsatzurteil kann eine Person vor Bundesgericht in Zukunft auch geltend machen, dass „sämtliche bundes- und kantonalrechtlichen Einbürgerungsvoraussetzungen offensichtlich erfüllt seien, weshalb sich die Nichteinbürgerung als klarerweise unhaltbar und rechtsungleich erweise“.

Eingriff nur bei klarem Fehlentscheid

Diese Erweiterung der Prüfungsbefugnis bedeutet nicht, dass das Bundesgericht künftig nach eigenem Gutdünken entscheidet, wer eingebürgert wird oder wer nicht. Vielmehr kann es nur einschreiten, wenn der betroffenen Person die Voraussetzungen zur Einbürgerung in geradezu unhaltbarer Weise abgesprochen wurden.

Seine weitreichende Praxisänderung stützt das Gericht auf die 2009 in Kraft getretene Teilrevision des eidgenössischen Bürgerrechtsgesetzes (BüG). Bereits 1992 waren im BüG die Mindestvoraussetzungen festgelegt worden, die beim Einbürgerungsentscheid zu prüfen sind.

Garantie des Gesetzgebers

Einbürgerungsbewerber müssen demnach in die hiesigen Verhältnisse eingegliedert und mit Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut sein. Weiter haben sie die Rechtsordnung zu beachten und dürfen keine Gefahr für die Sicherheit der Schweiz darstellen. Die Kantone können diese Kriterien konkretisieren.

Laut Bundesgericht wird für Bürgerrechtsbewerber durch die im BüG genannten Voraussetzungen zusammen mit der bei der Teilrevision von 2009 gesetzlich verankerten Pflicht zur Begründung ablehnender Entscheide eine klar umschriebene Rechtsposition geschaffen.

Die vom Gesetzgeber damit in Aussicht gestellte Garantie, dass Einbürgerungsentscheide willkürfrei und rechtsgleich gefällt würden, könne nur mit der neuen, erweiterten Überprüfungspraxis des Bundesgerichts gewährleistet werden.

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