Das Bundesgericht hat mit einem Urteil vom Montag die im Tessin verabschiedete Amnestie für Steuersünder aufgehoben. Die vereinfachte Legalisierung von Schwarzgeld hatten die Tessinerinnen und Tessiner erst im Mai vergangenen Jahres an der Urne genehmigt.
Das Bundesgericht begründete seinen Entscheid damit, dass die im Tessin durch Grossen Rat und Stimmvolk genehmigte Steueramnestie die Verfassungsprinzipien der Rechts- und Steuergleichheit verletze.
Die Tessiner SP hatte im vergangenen Jahr das Referendum gegen einen entsprechenden Beschluss des Grossen Rats ergriffen und scheiterte. Einnahmen aus zehn Jahren konnten von da an während zweier Jahre straffrei und mit einem Abgabeerlass von 70 Prozent nachträglich beim Fiskus deklariert werden. Ausgenommen wurde davon die Bundessteuer, welche im vollen Umfang entrichtet werden musste.
Parallel zur Unterschriftensammlung für das Referendum, legte die Tessiner SP-Politikerin Pelin Kandemir Einspruch beim Bundesgericht ein. Auf diesem Weg kam die Tessiner Steueramnesie nun durch den Bundesgerichtsentscheid zu Fall. Sie sei die einzige Partei im Tessin gewesen, die sich immer entschieden gegen die entstandene Steuerungerechtigkeit gewandt hätte, teilte die SP in einem Communiqué mit.
Kalkuliertes Restrisiko
Der Tessiner Staatsrat sei sich bewusst gewesen, dass die verabschiedete Steueramnestie «juristische Untiefen» aufgewiesen habe, teilte dieser in einem Communiqué mit. Dieses Restrisiko sei jedoch gerechtfertigt gewesen, da durch die gefundene Lösung zuvor nicht deklarierte Gelder für künftige Steuereinnahmen sorgen würden.
Unmittelbare Konsequenzen habe der Bundesgerichtsentscheid laut der Tessiner Kantonsregierung nun im Bereich der Selbstanzeige: Sei diese ab dem 1. Januar 2014 gestellt worden, dann könne die Person nur mit einer Strafbefreiung, nicht jedoch mit einem Nachlass von 70 Prozent auf die zuvor unterschlagene Kommunal- und Kantonssteuer rechnen.
Hieraus ergäben sich direkte Mehreinnahmen für die klammen Kantonskassen. Das Tessin hat das Bilanzjahr 2014 mit einem Minus von 128 Millionen Franken abgeschlossen.