Der Sexualkundeunterricht im Kanton Basel-Stadt stellt keinen unzulässigen Grundrechtseingriff dar: Das Bundesgericht hat sich hinter einen Entscheid der Basler Behörden gestellt, die Dispensationsgesuche von Eltern für ihre Kinder abgewiesen hatten.
Dies teilte das Basler Erziehungsdepartement am Dienstag mit. Zwei Familien hatten die Dispensation ihrer Kinder von der Sexualkunde im Kindergarten und in den ersten zwei Primarklassen verlangt. Sie waren jedoch bei den Schulleitungen, bei der Basler Regierung und beim Basler Appellationsgericht abgeblitzt. Laut dem Departement bestätigte nun das Bundesgericht den Entscheid des Appellationsgerichts.
Im Kanton Basel-Stadt wird für die Sexualerziehung an den Schulen seit 2011 der Leitfaden «Lernziele Sexuelle Gesundheit» samt Unterrichtsmaterialien eingesetzt. Im Kindergarten und an der Primarschule erfolgt dieser Unterricht jedoch nicht systematisch, sondern reaktiv.
Das bedeutet, dass die Lehrkräfte Sexualkundeunterricht nicht von sich aus erteilen, sondern nur dann, wenn von Kinderseite Fragen kommen. Dies geschehe im Bewusstsein, dass Sexualerziehung auf dieser Altersstufe primär Aufgabe der Eltern sei, heisst es in der Mitteilung.
Familien sahen Grundrechte verletzt
Die beiden Familien, die sich gegen den Sexualkundeunterricht wehrten, sahen gemäss dem Departement jedoch verschiedene Grundrechte verletzt. Die Basler Behörden stellten sich dagegen auf den Standpunkt, dass der Unterricht auf einer ausreichenden Gesetzesgrundlage beruhe und im öffentlichen Interesse sowie verhältnismässig sei.
Das Bundesgericht habe die Basler Entscheide nun gestützt. Es sei zur Auffassung gelangt, dass der Sexualkundeunterricht geeignet sei, das öffentliche anerkannte Präventionsziel des Schutzes der Kinder vor sexuellen Übergriffen sowie des Gesundheitsschutzes zu erreichen.
Das Obligatorium diene zudem der Wahrung der Chancengleichheit aller Kinder und fördere die Integration von Angehörigen anderer Länder, Kulturen und Religionen, wird die Urteilsbegründung weiter wiedergegeben. Entscheidend sei, dass der Unterricht nur reaktiv erteilt und eine Ergänzung zur Erziehung durch die Eltern sei.
Das Bundesgericht hatte den betreffenden Eltern 2012 bereits die vorläufige Dispensation während des Verfahrens verwehrt. Von ursprünglich drei Rekursen gegen den damaligen Entscheid der Basler Regierung war zudem schon vor dem 2013 ergangenen Urteil des Appellationsgerichts einer zurückgezogen worden.
Volksinitiative hängig
Staub aufgewirbelt hatte die Basler Sexualkunde auch neben dem Rechtsverfahren. So wurden die Unterrichtsmaterialien in Medien als sogenannter «Sex-Koffer» zum Thema. Ein Elternkomitee initiierte zudem eine eidgenössische Initiative. Die Unterschriftensammlung wurde allerdings gestoppt, nachdem eine frühere Verurteilung eines Mitinitianten wegen Kindesmissbrauchs bekannt geworden war.
Im zweiten Anlauf wurde die Initiative «Schutz vor Sexualisierung in Kindergarten und Primarschule» von einem Initiativkomitee in geänderter Zusammensetzung jedoch Ende 2013 eingereicht. Der Bundesrat empfiehlt sie in seiner vergangenen Freitag vorgelegten Botschaft ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung.