Die Initiative «Grüne Wirtschaft» will aus Sicht des Bundesrates zu viel in zu kurzer Zeit. Das sagte Umweltministerin Doris Leuthard am Donnerstag. Sie trat mit Parlamentariern und Wirtschaftsvertretern vor die Medien, um die Haltung des Bundesrates darzulegen.
Noch vor kurzem waren sich die Gegner gar nicht einig: Leuthard wollte das Anliegen der Initiative aufgreifen und im Umweltschutzgesetz Regeln für mehr Ressourceneffizienz verankern. Sie scheiterte aber im Parlament, die Wirtschaft hatte sich dagegen gestellt.
Trotzdem warnte Leuthard nun gemeinsam mit Parlaments- und Wirtschaftsvertretern vor Schaden für die Wirtschaft, sollte das Stimmvolk der Initiative der Grünen am 25. September zustimmen.
Nur eine Erde
Deren Thema ist die Umweltbelastung. Würde die gesamte Erdbevölkerung so viele natürliche Ressourcen verbrauchen wie die Schweizer Bevölkerung, bräuchte es rund drei Erden, um den Bedarf zu decken. Die Initianten verlangen, dass die Schweiz den ökologischen Fussabdruck bis ins Jahr 2050 auf eine Erde reduziert.
Bei einem Ja müsste der Bund Zwischenziele festlegen. Würden diese nicht erreicht, müsste das Gesetz geändert werden. Der Bund könnte etwa Vorschriften für Produktionsprozesse erlassen oder Lenkungssteuern erheben.
Schrittweise und freiwillig
Das Anliegen hält Leuthard nach wie vor für richtig. Die Belastungsgrenzen der Erde würden überschritten, das zeige sich zum Beispiel am Klimawandel. «Weiter wie bisher ist keine Option», sagte die Umweltministerin. Auf lange Sicht führe kein Weg daran vorbei, die Ressourceneffizienz zu verbessern.
Der Bundesrat wolle das Ziel jedoch schrittweise und auf freiwilliger Basis erreichen. Zudem seien die Anstrengungen international abzustimmen. Ein Alleingang der Schweiz sei nicht sinnvoll. Wie lange es brauche, lasse sich nicht sagen. Das hänge von vielen Faktoren ab, beispielsweise vom Erdölpreis.
Freipass für Dirigismus
Ein Ja zur Initiative würde laut Leuthard hohe Kosten verursachen und zu steigenden Preisen führen. Im Namen des Bundesrates warnte sie vor einem abrupten Strukturwandel, der die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum eines Teils der Schweizer Wirtschaft gefährden würde.
Rolf Soiron, Lonza-Verwaltungsratspräsident und ehemaliger Holcim-Verwaltungsratspräsident wählte deutlichere Worte. Er sprach von Einschränkungen bei Ernährung, Wohnen und Mobilität. Ein Ja wäre ein «Freipass für Dirigismus» und ein «Turbo für Regulierungen», sagte Soiron. Es drohe die wirtschaftliche Isolation. «Und wofür eigentlich?», fragte er. Auf den globalen Ressourcenverbrauch hätten die Anstrengungen in der Schweiz einen minimalen Einfluss.
Linke Planwirtschaft
Soiron gab auch zu bedenken, dass ein grosser Teil der durch die Schweiz verursachten Umweltbelastung im Ausland anfalle. Offen sei, ob bei einer Annahme der Initiative die Reduktion der Belastung im Ausland angerechnet werden könnte. Wäre diese nicht anrechenbar, wäre das «suizidal», sagte Soiron. Sie anzurechnen, wäre anmassend.
Auch der Luzerner FDP-Nationalrat und Gebäudetechnik-Unternehmer Peter Schilliger befürchtet «verheerende» Auswirkungen für den Werkplatz. Ein Ja zur Initiative würde auf eine «linke Planwirtschaft» mit staatlichen Ressourcenkontrollen hinauslaufen, sagte er.
Schon auf dem Weg
Soiron, Schilliger sowie der Walliser CVP-Nationalrat Yannick Buttet betonten, dass die Unternehmen sich bereits engagierten. Die Entkoppelung von Wachstum und Ressourcenverbrauch habe begonnen. Der Bundesrat weist ebenfalls darauf hin, dass die Wirtschaft auf natürliche Ressourcen angewiesen sei und daher ein starkes Interesse an einem schonenden Umgang damit habe.
Im Parlament hatte Leuthard allerdings auch festgestellt, die Wirtschaft mache, was profitabel sei. Deshalb brauche es Regulierungen. Am Freitag räumte die Umweltministerin ein, sie hätte gerne eine gesetzliche Grundlage gehabt. Doch nun suche der Bund nach Lösungen auf freiwilliger Basis, etwa zu Palmöl.
Gleichzeitig erwähnte Leuthard geplante gesetzliche Massnahmen, insbesondere jene im Rahmen der Energiestrategie 2050 hin. Diese sollen etwa dazu beitragen, den CO2-Ausstoss aus Gebäuden zu reduzieren.