Paare können ihre Partnerschaft möglicherweise künftig in einer weniger weit gehenden Form rechtlich absichern. Der Bundesrat stellt neben Ehe und eingetragener Partnerschaft eine weitere Regulierung zur Diskussion.
Es gehe nicht darum, was richtig oder falsch sei, sondern darum, sich mit den gesellschaftlichen Realitäten auseinanderzusetzen, sagte Bundespräsidentin und Justizministerin Simonetta Sommaruga am Mittwoch in Bern vor den Medien. «Die heutigen Gesetzesgrundlagen bilden die Realität nicht mehr ab.»
In Frankreich beliebt
Ins Spiel bringt der Bundesrat in seinem am Mittwoch verabschiedeten Bericht zur Modernisierung de Familienrechts den in Frankreich vor über 15 Jahren eingeführten «Pacte civil de solidarité» (PACS). Dieser im Nachbarland beliebte und erfolgreiche Vertrag könnte an Schweizer Verhältnisse angepasst werden.
Paare in Frankreich, die nicht heiraten wollen, können mit PACS ihr Zusammenleben vor einem Amtsgericht oder Notar vertraglich regeln. Für die Auflösung genügt eine Erklärung vor der Behörde.
Ein PACS begründet keine familiären Bindungen. Auf den Namen der Partnerinnen und Partner hat er keinen Einfluss. Paare mit einem PACS sichern sich gegenseitig Unterstützung zu, etwa bei Krankheit, aber auch in materiellen Belangen.
Gehen PACS-Paare gemeinsam Verbindlichkeiten für ihren Alltag ein, haften sie solidarisch. Vermögen, die die Partner oder Partnerinnen vor dem Abschluss des Vertrages und während dessen Dauer erwerben, gehören ihnen alleine. In Frankreich wählen heute vier von zehn Paaren mit formalisierter Beziehung den PACS.
Ein Vertrag wie der PACS könnte laut Sommaruga «eine valable Alternative zur Ehe» sein. Denkbar wären drei Ebenen der Partnerschaft: die Ehe für Mann und Frau respektive homosexuelle Paare, der PACS und das Konkubinat.
Eingetragene Partnerschaft und Ehe
Denn zu prüfen ist laut Bundesrat, ob die für homosexuelle Paare eingeführte eingetragene Partnerschaft der Ehe gleichgestellt respektive die Ehe auch gleichgeschlechtlichen Paaren ermöglicht werden könnte. Auf Grund der Entwicklungen im Ausland zeichne sich politischer Druck in diese Richtung ab, heisst es im Bericht.
Zumindest die Rechtskommission des Nationalrates unterstützt dieses Ansinnen. Sie befürwortete im Februar eine parlamentarische Initiative der Grünliberalen für die Legalisierung der Ehe von gleichgeschlechtlichen Paaren. Umgekehrt sollen auch heterosexuelle Paare eine eingetragene Partnerschaft eingehen können.
Stimmt auch die ständerätliche Rechtskommission zu, kann die Nationalratskommission einen Gesetzesentwurf ausarbeiten, über den das Parlament zu befinden hätten. Das letzte Wort hätte das Volk, weil die Verfassung angepasst werden müsste.
Härtefälle in Konkubinaten
Für die steigende Zahl von Paaren, die im Konkubinat leben, will der Bundesrat keine generellen Regelungen erlassen. Solche faktischen Lebensgemeinschaften zu regulieren, hält er grundsätzlich nicht für notwendig.
Eine generelle Regelung sei heikel, heisst es im Bericht. Denn Menschen, die sich bewusst gegen die Ehe oder eine eingetragene Partnerschaft entschieden hätten, würden so auf Umwegen in eine rechtliche Bindung gezwungen.
Allerdings sieht der Bundesrat Bedarf für eine Art Härtefallklausel. Sie wäre denkbar für Fälle, in denen ein Partner oder eine Partnerin nach einer Krankheit der Partners oder der Trennung wirtschaftlich zu wenig abgesichert ist, aber viel in die Partnerschaft investiert hat. Eine Voraussetzung müsste dabei sein, dass zwischen den Partnern ein «erhebliches wirtschaftliches Ungleichgewicht» besteht.
Vereinfachte Zivilstandsbezeichnungen
Der Bundesrat will auch über eine Vereinfachung bei den Zivilstandsbezeichnungen diskutieren. Sollten Ehe und eingetragene Partnerschaft einander angenähert werden, gäbe es keine Rechtfertigung mehr für Unterscheidungen beim Zivilstand, heisst es im Bericht.
Eine einfache Regelung mit den drei Bezeichnungen «Nicht verheiratet»; «Verheiratet/in eingetragener Partnerschaft» sowie «verwitwet» würde genügen. Würde die Schweiz auf die Bezeichnung «geschieden» verzichten, wäre das «international ziemlich einzigartig», wie Sommaruga sagte.
Der Bundesrat wolle mit seinem Bericht zeigen, wo er Handlungsbedarf sehe, sagte die Justizministerin. Den Ball spielte sie dem Parlament und der Öffentlichkeit zu: Diskussionen sollten geführt und dem Bundesrat allfällige Aufträge erteilt werden. «Ich bin gespannt auf hoffentlich zahlreiche Diskussionen.»