Asylverfahren sollen künftig rascher abgewickelt werden. Der Bundesrat hat am Mittwoch die Botschaft zur grossen Asylreform ans Parlament geleitet. An den Kernpunkten hält er nach der Vernehmlassung fest.
Die heutigen Asylverfahren seien ineffizient, teuer und unmenschlich, sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga vor den Medien in Bern. Die Betroffenen müssten lange in Ungewissheit leben. Dies wolle der Bundesrat nun ändern. Für die Glaubwürdigkeit des Asylsystems sei es wichtig, dass die Verfahren effizient und fair seien.
Künftig sollen die meisten Asylgesuche in einem beschleunigten Verfahren behandelt werden – einem Verfahren, das maximal 140 Tage dauert, inklusive Beschwerden. Voraussetzung dafür ist eine Konzentration aller Akteure an einem Ort: Die Asylsuchenden sollen für die gesamte Dauer des Verfahrens in regionalen Zentren des Bundes untergebracht werden.
Den Kantonen zugewiesen würden nur noch jene Asylsuchenden, für deren Gesuch weitere Abklärungen nötig sind. Diese Verfahren sollen innerhalb eines Jahres rechtskräftig abgeschlossen werden. Asylsuchende mit negativem Entscheid müssten sofort ausreisen.
Kostenlose Beratung und Rechtsvertretung
Der Bundesrat rechnet damit, dass rund 60 Prozent aller Verfahren beschleunigt durchgeführt werden können. Im Gegenzug sind für die Asylsuchenden eine kostenlose Beratung zum Asylverfahren und eine kostenlose Rechtsvertretung vorgesehen. Nur so könne sichergestellt werden, dass die Verfahren trotz der sehr kurzen Fristen korrekt und rechtsstaatlich seien, sagte Sommaruga.
Der unentgeltliche Rechtsbeistand war in der Vernehmlassung von bürgerlicher Seite kritisiert worden. Die FDP und die SVP, welche die Revision generell für unnötig halten, befürchten eine Beschwerdeflut und eine Kostenexplosion. Die CVP begrüsste die Revision zwar als Schritt in die richtige Richtung, äusserte aber ebenfalls Zweifel am Rechtsschutz.
Der Bundesrat hält jedoch daran fest. Neu möchte er den Rechtsschutz sogar früher ins Spiel bringen, nämlich in der Vorbereitungsphase zum Verfahren. Mit einer Zunahme der Beschwerden rechnet Sommaruga nicht. Beim Testbetrieb in Zürich, der seit Anfang Jahr läuft, zeichneten sich eher weniger als mehr Beschwerden ab, stellte sie fest.
Keine Verlängerung der Beschwerdefristen
Nichts wissen wollte der Bundesrat auch von einer Verlängerung der Beschwerdefrist auf 30 Tage, wie sie von linker Seite gefordert worden war. Aus seiner Sicht könnten mit solchen Fristen die Verfahren nicht verkürzt werden.
Bei den Beschwerdefristen wurden nach der Vernehmlassung lediglich Details angepasst. Die Frist für das beschleunigte Verfahren soll sieben Arbeitstage betragen, jene für das Dublin-Verfahren fünf.
Präzisiert hat der Bundesrat ferner die Bestimmungen zum Arbeitsverbot. Während des Aufenthaltes in den Zentren des Bundes sollen Asylsuchende keiner Erwerbstätigkeit nachgehen dürfen. Nach einer Zuweisung auf die Kantone soll das Arbeitsverbot aber wegfallen. Heute dürfen Asylsuchende in den ersten drei Monaten nach Einreichung ihres Gesuchs generell keiner Erwerbstätigkeit nachgehen.
Standorte bis Ende Jahr bekannt
Noch offen ist, wo die neuen Bundeszentren stehen werden. Ende Jahr soll das Standortkonzept vorliegen, welches das Bundesamt für Migration in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen erarbeitet.
Im Frühjahr hatten sich Bund, Kantone und Gemeinden im Grundsatz darauf geeinigt, sechs Asyl-Regionen mit jeweils einem oder mehreren Bundeszentren zu bilden. Heute verfügt der Bund über rund 1400 Plätze in fünf Empfangs- und Verfahrenszentren. Nach der Neustrukturierung besteht ein Bedarf von 5000 Plätzen in Zentren des Bundes.
Damit die Pläne rasch umgesetzt werden können, soll das langwierige Baubewilligungsverfahren durch ein neues bundesrechtliches Plangenehmigungsverfahren ersetzt werden. Für die neuen Unterkünfte und Arbeitsplätze rechnet der Bundesrat mit Investitionen von bis zu 548 Millionen Franken. Auf mittlere Sicht soll die Neustrukturierung des Asylwesens aber zu jährlichen Einsparungen von bis zu 170 Millionen Franken führen.
An der Zielsetzung des Asylsystems ändere sich nichts, betonte Sommaruga. Es gehe um den Schutz von Menschen, die an Leib und Leben bedroht seien. Wer Schutz brauche, solle diesen bekommen. Das Thema sei besonders aktuell, an den Rändern Europas herrsche Krieg.