Die Schweiz soll in den nächsten vier Jahren rund 11 Milliarden Franken für internationale Zusammenarbeit ausgeben. Das ist etwa gleich viel wie in der vergangenen Periode. Anders als in den letzten Jahren kann die Entwicklungshilfe aber nicht ausgebaut werden.
Es gebe kein Wachstum, aber auch keine einschneidenden Kürzungen, sagte Aussenminister Didier Burkhalter am Mittwoch vor den Medien in Bern. Sollte es weitere Sparmassnahmen mit Kürzungen im jährlichen Budget geben, müssten allerdings ganze Programme gestrichen werden.
Verstärken will der Bundesrat in den nächsten vier Jahren die humanitäre Hilfe vor Ort, namentlich die Nothilfe. Dies erlaube es insbesondere, die Millionen von Flüchtlingen im Nahen Osten besser zu unterstützen, schreibt er in seiner Botschaft ans Parlament.
Keine strikte Trennung möglich
Der grösste Teil der Mittel fliesst jedoch weiterhin in die langfristige Entwicklungshilfe. Politischen Forderungen, das Verhältnis zu ändern, begegnet Burkhalter skeptisch. Eine strikte Trennung sei ohnehin nicht sinnvoll, stellte er fest.
Als Beispiel nannte er die Flüchtlingslager in den Nachbarstaaten Syriens. Viele Menschen lebten inzwischen seit Jahren dort. Es gehe somit zunehmend auch um langfristige Massnahmen wie den Bau von Schulen.
60 Prozent für Entwicklungshilfe
Von den 11,06 Milliarden Franken sind insgesamt 6,6 Milliarden Franken für die Entwicklungshilfe vorgesehen – davon 3,8 Milliarden für bilaterale Programme und Projekte und 2,8 Milliarden für multilaterale. Für die humanitäre Hilfe beantragt der Bundesrat 2,1 Milliarden Franken. Burkhalter wies auf mögliche Zusatzkredite hin.
Für die wirtschaftliche Zusammenarbeit sind 1,1 Milliarden und für die Osthilfe 1 Milliarde Franken vorgesehen. Erstmals umfasst der Rahmenkredit ausserdem auch die Massnahmen zur Förderung des Friedens und der menschlichen Sicherheit. Dafür beantragt der Bundesrat mit der Botschaft für die Jahre 2017 bis 2020 rund 230 Millionen Franken.
Fluchtbewegungen vorbeugen
Inhaltlich bleibt die Armutsbekämpfung das oberste Ziel. Hier habe es in den vergangenen Jahren Fortschritte gegeben, sagten Burkhalter und Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann. Die extreme Armut sei zurückgegangen. Die Herausforderungen blieben aber gross. 2 Milliarden Menschen lebten von weniger als zwei US-Dollar pro Tag. 200 Millionen Menschen seien arbeitslos, 60 Millionen auf der Flucht.
Migration sei ein wichtiges Thema in der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz, betonte Burkhalter. Einer von 6 Franken hätten direkt oder indirekt damit zu tun – direkt etwa in Form von Nothilfe, indirekt durch langfristiges Engagement gegen die Ursachen von Migration.
Entwicklungshilfe nicht als Druckmittel
Nur noch jenen Staaten zu helfen, die in Migrationsfragen kooperieren, kommt für den Bundesrat nicht in Frage. «Dort, wo es zweckmässig und möglich ist, strebt die Schweiz im Rahmen ihrer Migrationsaussenpolitik eine Verknüpfung des entwicklungspolitischen Engagements mit den migrationspolitischen Interessen der Schweiz an», heisst es dazu in der Botschaft.
Burkhalter gab zu bedenken, dass eine strikte Verknüpfung kontraproduktiv sein könne. So sei mit einem Land vielleicht noch kein Rückübernahmeabkommen möglich, doch nehme das Land bereits abgewiesene Asylsuchende auf. Würde nun mit dem Ende der Entwicklungshilfe gedroht, kooperiere das Land möglicherweise gar nicht mehr. Er habe sich die Sache jüngst beim Kochen überlegt, sagte der Aussenminister. Und er sei zum Schluss gekommen, dass es – wie beim Salz – ein bisschen davon brauche, aber nicht zu viel.
Quote leicht unter 0,5 Prozent
Mit den 11 Milliarden Franken dürfte die Quote der öffentlichen Entwicklungshilfe laut dem Bundesrat bis 2020 auf 0,48 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu liegen kommen. 2015 hatte die Quote die vom Parlament gesetzte Zielgrösse von 0,5 Prozent erreicht. Die UNO hat als Ziel 0,7 Prozent festgelegt – ein Ziel, das die Schweiz anerkannt hat.
Burkhalter erinnerte daran, dass es sich bei der internationalen Zusammenarbeit um einen Verfassungsauftrag handle. Die Schweiz gebe dafür mit dem geplanten Rahmenkredit etwas weniger als 1 Franken pro Tag und Einwohner aus.
Für die Schweizer Hilfswerke ist das zu wenig. Sie kritisieren, dass das 0,7-Prozent-Ziel in weite Ferne rücke. Bei der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit zu sparen, sei ein Fehler, schreibt die Arbeitsgemeinschaft Alliance Sud in einer Mitteilung. Die Schweiz beschränke sich zunehmend darauf, auf Krisen zu reagieren, statt vorausschauend in die Verhinderung von Krisen zu investieren. Für sinnvoll halten die Hilfswerke den geografischen Schwerpunkt der Schweizer Entwicklungshilfe, das südliche Afrika.