Der Bundesrat will, dass bei häuslicher Gewalt die Täter häufiger zur Rechenschaft gezogen werden. Künftig soll es nicht mehr allein vom Willen des Opfers abhängen, ob ein Verfahren fortgeführt wird oder nicht.
Seit 2004 sind Delikte in Paarbeziehungen Offizialdelikte: Die Behörden greifen von Amtes wegen ein, auch wenn die betroffene Person keinen Antrag stellt. Die Gesetzesänderung hat jedoch nicht bewirkt, dass mehr Täter verurteilt werden. Es sei bei einer symbolischen Änderung geblieben, schreibt der Bundesrat in einem Bericht.
Dies liege daran, dass die meisten Verfahren eingestellt würden. Und darüber entscheide immer noch das Opfer: Stelle ein Opfer aus freiem Willen einen Antrag auf Sistierung und widerrufe diesen nicht innert sechs Monaten, müssten die Behörden das Verfahren einstellen – selbst dann, wenn es wiederholt Gewaltvorfälle gegeben habe.
Schwere der Tat berücksichtigen
Der Bundesrat möchte nun den Ermessensspielraum der Strafverfolgungsbehörden vergrössern. Künftig sollen die Behörden dem Wunsch des Opfers nach einer Sistierung des Verfahrens nicht mehr in jedem Fall stattgeben müssen. Für ihren Entscheid sollen sie neben den Aussagen des Opfers auch die weiteren Umstände berücksichtigen.
Beispielsweise sollen sie darauf achten, ob Kinder betroffen sind, wie schwer die Tat wiegt und ob Anzeichen dafür bestehen, dass sich Opfer und Täter auf eine Lösung des Konflikts verständigt haben. Auch die Risiken eines erneuten Übergriffs sollen eine Rolle spielen. Ist die beschuldigte Person bereits wegen Gewalt in der Partnerschaft vorbestraft, soll das Verfahren in jedem Fall weitergeführt werden müssen.
Situation der Opfer verbessern
Mit diesen Änderungen wolle er die Situation der Opfer verbessern und diese von ihrer Verantwortung entlasten, schreibt der Bundesrat. Er hatte auch geprüft, das Verfahren vollständig zu offizialisieren. Damit würde der Wille des Opfers bei der Frage der Sistierung gar keine Rolle mehr spielen.
Dies hält der Bundesrat jedoch für keine gute Lösung. Der Druck des Täters auf das Opfer könnte steigen, argumentiert er. Damit bestünde die Gefahr, dass sich Opfer nicht mehr bei den Behörden meldeten oder keine belastenden Aussagen mehr machten. Die Aussagen des Opfers aber seien stets entscheidend für eine Verurteilung.
Für die Neuerung muss das Strafgesetzbuch revidiert werden. Der Bundesrat will dem Parlament seine Vorschläge im Rahmen weiterer geplanter Änderungen vorlegen.