Der Bund soll rascher, gezielter und flexibler auf Mangellagen reagieren können. Mit einer Totalrevision des Gesetzes für die wirtschaftliche Landesversorgung will der Bundesrat den Handlungsspielraum vergrössern und die Krisenvorsorge verbessern.
Das über 30-jährige Gesetz genüge den Anforderungen an eine zeitgemässe Krisenvorsorge nicht mehr, teilte das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL). Es brauche eine Modernisierung. Bislang sei die Krisenvorsorge zu stark auf die im Kalten Krieg vorherrschende Sicherheitslogik ausgerichtet gewesen.
Mit dem neuen Gesetz, das der Bundesrat am Mittwoch in die Vernehmlassung geschickt hat, soll schneller und besser auf drohende oder bereits eingetretene schwere Mangellagen reagiert werden können. In diesen Fällen kann die Wirtschaft die landesweite Versorgung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen nicht mehr gewährleisten. Dazu zählen beispielsweise Medikamente, Strom oder Erdöl.
Die wirtschaftliche Landesversorgung kam zum letzten Mal im vergangenen Sommer zum Einsatz, als bei einem europäischen Pharmaunternehmen die Produktion eines Antibiotikums ausfiel. Mit Antibiotika aus den Pflichtlagern des Bundes konnte die Versorgung in der Schweiz sichergestellt werden.
Pflichtlagerbestände früher freigeben
Im Vordergrund der Gesetzesänderung stehen die Abläufe im Krisenfall. Sie sollen beschleunigt werden.
So sollen Pflichtlagerbestände lebenswichtiger Güter früher freigegeben werden als bisher. Mit dem neuen Gesetz kann der Bund bereits aktiv werden, wenn sich eine schwerwiegende Versorgungsstörung unmittelbar anbahnt. Heutzutage muss er abwarten, bis eine landesweite Mangellage vorliegt.
Um im Krisenfall schneller handeln zu können, werden die Rechtsmittel- und Beschwerdefristen verkürzt werden.
Gefragt sind präventive Massnahmen
Angesichts der Dynamik heutiger Systemausfälle reiche aber eine blosse Reaktion auf solche Ereignisse nicht aus, schreibt das BWL. Die Widerstandsfähigkeit von Versorgungsinfrastrukturen müsse deshalb durch präventive Massnahmen erhöht werden. Dies gilt im besonders für die Telekommunikation, die Transportlogistik oder auch die Stromversorgung.
In diesem Zusammenhang hat der Bundesrat im letzten Juni eine nationale Strategie zum Schutz kritischer Infrastrukturen verabschiedet. Demnach müssen Bund, Kantone und Betreiber solcher Infrastrukturen umfassende Schutzkonzepte erarbeiten. Ausserdem sieht das neue Gesetz vor, Branchenvereinbarungen auf alle Unternehmen in betroffenen Wirtschaftszweigen auszuweiten.
Erhebliche Risiken für die sichere Versorgung des Landes birgt in den Augen des BWL auch die steigende Abhängigkeit von der Informationstechnologie. Angezeigt sei deshalb eine verstärkte Kooperation im internationalen Rahmen.
Allerdings will der Bund nur unterstützend eingreifen, falls dies nötig sei, schreibt das BWL. Die Wirtschaft solle bei der Vorsorge als auch bei der Bewältigung von Krisen weiterhin die zentrale Rolle spielen.