Multinationale Konzerne sollen ihre Gewinne nicht länger in Tiefsteuerländer verschieben können. Der Bundesrat unterstützt Massnahmen gegen Steuerflucht. Er will Konzerne zu Transparenz verpflichten und die Informationen an ausländische Steuerbehörden leiten.
Die Bekämpfung der Steueroptimierung multinationaler Unternehmen sei zu einem zentralen Anliegen der internationalen Staatengemeinschaft geworden, schreibt der Bundesrat. Und die Einhaltung internationaler Standards gehöre zur bundesrätlichen Strategie für eine wettbewerbsfähige Schweiz.
Massnahmen gegen Steuerflucht haben die G20-Staaten und die OECD im Rahmen des Projekts zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und -verlagerung (BEPS) erarbeitet. Dazu gehört der automatische Austausch zu multinationalen Konzernen, der den Austausch über Bankkonten ergänzen soll.
Im Januar unterzeichneten 31 Staaten in Paris die ALBA-Vereinbarung über den Austausch länderbezogener Berichte, darunter auch die Schweiz. Am Mittwoch hat der Bundesrat nun die Vernehmlassung eröffnet zur Vereinbarung und zum Gesetz, mit dem diese umgesetzt werden soll.
200 Unternehmen betroffen
Betroffen wären rund 200 in der Schweiz ansässige Unternehmen, wie es im Bericht zur Vernehmlassung heisst. Es handelt sich um Unternehmen mit einem konsolidierten Jahresumsatz von über 900 Millionen Franken.
Sie sollen künftig einen Bericht erstellen müssen, der Informationen über die weltweite Verteilung der Umsätze, der entrichteten Steuern und weitere Kennzahlen enthält. Die Daten werden nicht veröffentlicht, sie richten sich ausschliesslich an die Steuerbehörden.
Automatischer Austausch
Die Schweizer Steuerbehörden würden die Berichte jährlich automatisch an die Steuerbehörden jener Staaten übermitteln, in denen die Konzerne über Geschäftseinheiten verfügen. Voraussetzung ist, dass eine staatsvertragliche Grundlage für den Austausch besteht. Mit welchen Staaten die Schweiz Informationen austauscht, will der Bundesrat bestimmen, wenn die Rechtsgrundlagen in Kraft sind. Das ALBA-Gesetz würde ihn dazu ermächtigen.
Bereits genehmigt hat das Parlament das Übereinkommen des Europarats und der OECD über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen. Nun muss es noch der ALBA-Vereinbarung und dem ALBA-Gesetz zustimmen. Bei einem Ja müssten die Konzerne ab 2018 einen länderbezogenen Bericht erstellen. Der erste automatische Austausch könnte dann 2020 stattfinden. Vor 2018 können Konzerne freiwillig einen Bericht bei der Steuerverwaltung einreichen, der an einzelne Staaten übermittelt würde.
Notfalls ohne Gesetz
Bei der Erstellung und dem Austausch länderbezogener Berichte handelt es sich um einen Mindeststandard, zu dessen Umsetzung sich alle OECD- und G20-Staaten verpflichtet haben. Falls ein Staat den Standard nicht umsetzen sollte, ist ein sogenannter Zweitmechanismus vorgesehen. Dieser ermöglicht es Ländern unter bestimmten Voraussetzungen, länderbezogene Berichte einzuholen.
Sobald ein Staat, in dem eine Geschäftseinheit eines Konzerns ansässig ist, den Zweitmechanismus in seinem Recht vorsieht, könnte der Staat von der Geschäftseinheit den länderbezogenen Bericht über den Konzern verlangen. Multinationale Konzerne müssten den Bericht also auch erstellen, wenn die Schweiz den automatischen Austausch der Berichte nicht umsetzen sollte.
Vertraulichkeit sicherstellen
Dies verstärke die Notwendigkeit Rechtsgrundlagen einzuführen, damit der länderbezogene Bericht gestützt auf ein Abkommen ausgetauscht werden könne, hält der Bundesrat fest. Mit den Rechtsgrundlagen könne die Vertraulichkeit der Berichtsdaten sichergestellt werden.
Die Schweiz hat laut dem Bundesrat aktiv mitgearbeitet und in den Verhandlungen mit der OECD erreicht, dass der Inhalt des länderbezogenen Berichts angepasst und der Umfang reduziert wurde. Dadurch sei der Austausch an Informationen auf eine «angemessene Grösse» limitiert worden, schreibt der Bundesrat.
Steuereinnahmen könnten sinken
Bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung wird der Austausch länderbezogener Bericht zu einem erhöhten finanziellen Aufwand führen. Beziffert wird dieser nicht. Für die betroffenen Unternehmen entsteht ein zusätzlicher administrativer Aufwand. Dieser dürfte sich laut dem Bundesrat aber in Grenzen halten, da die multinationalen Konzerne bereits über Aufzeichnungen zu den meisten Informationen verfügten, die sie offenlegen müssten.
Ob die Steuereinnahmen in der Schweiz sinken oder steigen werden, ist laut dem Bundesrat offen: Das sei abhängig von der zukünftigen Dynamik bezüglich der Steuerkorrekturen der Partnerstaaten und der Schweiz.
Die Informationen im länderbezogenen Bericht dürfen nicht direkt zur Korrektur des steuerbaren Gewinns verwendet werden, sondern nur der Beurteilung des Gewinnverlagerungsrisikos dienen. Ausgehend von den Informationen im länderbezogenen Bericht können aber weitere Untersuchungen beim Steuerpflichtigen erfolgen, die dann zu einer Korrektur führen können.
Die Vernehmlassung dauert bis am 13. Juli.