Bundesverfassungsgericht will keine Eilentscheidung über ESM

Das Bundesverfassungsgericht will sich für seine Entscheidung über die Eilanträge gegen die Gesetze zur Euro-Rettung offenbar länger Zeit nehmen als angenommen. Gerichtspräsident Andreas Vosskuhle sagte in der Verhandlung am Dienstag in Karlsruhe, eine Alternative zu einer Eilentscheidung binnen drei Wochen wäre ein „Zwischenverfahren“.

Der Vorsitzende des zweiten Senates des deutschen Bundesverfassungsgericht Andreas Vosskuhle (Bild: sda)

Das Bundesverfassungsgericht will sich für seine Entscheidung über die Eilanträge gegen die Gesetze zur Euro-Rettung offenbar länger Zeit nehmen als angenommen. Gerichtspräsident Andreas Vosskuhle sagte in der Verhandlung am Dienstag in Karlsruhe, eine Alternative zu einer Eilentscheidung binnen drei Wochen wäre ein „Zwischenverfahren“.

Dieses würde eine „sehr sorgfältige Prüfung“ der Rechtslage umfassen und könne „zwei oder drei Monate“ dauern.

Das Gericht wisse, dass es in dem Augenblick, wo es eine einstweilige Anordnung erlassen werde, in der Auslandspresse sofort heisse: „Euro-Rettung gestoppt!“ Über diese „Gefahr“ sei sich der Zweite Senat im Klaren.

Die Richter verhandelten über mehrere Eilanträge gegen die am 29. Juni von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Zustimmungsgesetze zum dauerhaften Euro-Rettungsschirm (ESM) und zum Fiskalpakt, der den Euro-Staaten mehr Haushaltsdisziplin auferlegt.

Nach dem Willen der Kläger soll das Verfassungsgericht dem Bundespräsidenten vorerst untersagen, diese Gesetze zu unterzeichnen. Diese einstweilige Anordnung würde dann so lange gelten, bis das Gericht die Verfassungsmässigkeit der Gesetze in einem Hauptsacheverfahren geklärt hat.

Zur Entscheidung stehen eine von Ex-Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin vertretene Massenklage von inzwischen 23’000 Bürgern sowie Anträge einer Professorengruppe, des CSU-Bundestagsabgeordneten Peter Gauweiler und der Linken im Bundestag.

Nicht verantwortbar

Letztlich wird gerichtlich geprüft, ob der Bundestag mit seiner Zustimmung zu den weitreichenden Verträgen zur Euro-Rettung seine eigene haushaltspolitische Kontrolle zu stark beschnitten und damit gegen das Grundgesetz verstossen hat. Die Kläger halten wegen der in Rede stehenden Garantiesumme Deutschlands von 190 Mrd. Euro die Haftungsrisiken für nicht verantwortbar.

Vosskuhle bezeichnete die Entscheidung im Eilverfahren wegen der nötigen Folgenabwägung als „in mehrfacher Hinsicht nicht einfach“. Es gehe um „Zustimmungsgesetze zu völkerrechtlichen Verträgen mit grosser politischer Bedeutung“.

Vosskuhle sagte weiter, der Senat werde im Eilverfahren keine vorschnelle Lösung suchen und „der Versuchung widerstehen, sein ‚Herz über die ein oder andere Hürde zu werfen‘, sondern mit beiden Füssen auf dem Grundgesetz stehend“ über die Anträge entscheiden.

Es sei Aufgabe des Verfassungsgerichts, „den Regeln, die wir uns gegeben haben, auch in den Situationen zur Geltung zu verhelfen, in denen es politisch nicht opportun erscheint und uns besonders viel Mühe und Kraft kostet“.

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