Der Datendiebstahl im Nachrichtendienst von vergangenem Jahr hat Folgen für die gesamte Bundesverwaltung. Künftig will der Bund diesem Risiko mehr Bedeutung beimessen und die Sicherheit von Daten verbessern.
Er sei nicht froh, dass der Diebstahl passiert sei, sagte Verteidigungsminister Ueli Maurer vor den Medien in Bern. Die Erkenntnisse daraus seien aber wertvoll. Sie hätten in der gesamten Verwaltung Niederschlag gefunden und würden ins Informationsschutzgesetz einfliessen, das bald in die Vernehmlassung gehen werde.
Vor rund einem Jahr stellte der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) fest, dass ein Informatikmitarbeiter eine grosse Menge heikler Daten gestohlen hatte, um diese zu verkaufen. Der Datenverkauf konnte laut den Behörden verhindert werden. Details zum Fall stehen in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht des Verteidigungsdepartements.
Cyberspionage nimmt zu
Der Nachrichtendienst war im vergangenen Jahr aber nicht nur mit Spionen in den eigenen Reihen beschäftigt. Die Schweiz war auch Ziel von Spionage aus dem Ausland. Neben Agenten setzen ausländische Nachrichtendienste immer häufiger elektronische Mittel der Cyberspionage ein, wie der NDB in seinem aktuellen Lagebericht schreibt.
Dass die Schweiz für Spione attraktiv ist, hängt laut dem Bericht mit ihrer zentralen Lage in Europa zusammen. Auch internationale Organisationen auf dem Platz Genf sowie der Finanzplatz und der Energie- und Rohstoffhandel machten die Schweiz interessant. Ein wichtiges Ziel von verbotenem Nachrichtendienst sei ausserdem die Forschung.
20 Reisen in Dschihadgebiete
Weniger betroffen als andere Länder ist die Schweiz offenbar von Dschihadisten aus dem eigenen Land, die im Ausland an Kampfhandlungen teilnehmen oder sich ausbilden lassen und dann zurückkehren. Laut NDB-Chef Markus Seiler sind aus den letzten zehn Jahren rund 20 Reisen bekannt. Bei einem Drittel stehe fest, dass es sich um Reisen mit dem Ziel gehandelt habe, sich einer dschihadistischen Bewegung anzuschliessen.
Im Vergleich zu anderen Ländern sei dies wenig, sagte Seiler. Ausserdem seien noch keine gesicherten Fälle von Rückkehrern bekannt. Hinweise hätten sich bisher nicht bestätigen lassen. Häufigste Destination von Dschihadreisenden aus der Schweiz ist Somalia. Der prominenteste Fall ist jener des Bieler Gymnasiasten mit libanesischer Staatsangehörigkeit, der in Kenia inhaftiert ist.
Weniger Gewaltextremismus
Leicht zurückgegangen ist im vergangenen Jahr der gewalttätige Extremismus. Dem NDB wurden im Jahr 2012 46 Ereignisse bekannt, die zum gewalttätigen Rechtsextremismus gezählt werden. Beim gewalttätigen Linksextremismus waren es 229 Ereignisse. Dies entspricht gegenüber dem Vorjahr einem Rückgang von zehn Prozent beim Rechtsextremismus und sechs Prozent beim Linksextremismus.
Beim Rechtsextremismus sei dies die Folge eines Rückzugs aus der Öffentlichkeit, schreibt der Nachrichtendienst. Das klandestine Verhalten habe sich verstärkt. Welche Konsequenzen sich daraus ergäben, sei noch nicht absehbar.
Rechtsextreme Zuwanderer
Der NDB hat weiter festgestellt, dass in den letzten Jahren Rechtsextreme aus Deutschland in der Schweiz Wohnsitz nahmen. Die Übersiedlung dürfte jedoch primär persönliche, in erster Linie wirtschaftliche Gründe haben, heisst es im Bericht. Beim Linksextremismus führt der Nachrichtendienst den Rückgang der gewalttätigen Ereignisse auf Festnahmen und Verurteilungen zurück.
Maurer betonte, dass der Nachrichtendienst Extremisten nicht mehr registriere. Neonazis, Holocaustleugner oder Rassisten würden also nicht erfasst. Erfasst werde nur, wer Gewalt ausgeübt habe oder damit drohe, dies zu tun.
Noch 37’000 Fichen
Dies ist eine Folge des Fichenskandals vor 20 Jahren, der ans Licht brachte, dass der Nachrichtendienst 700’000 Personen fichiert hatte – jeden 10. Bürger. 2009 stellte die parlamentarische Aufsicht fest, dass der NDB noch immer unrechtmässig Daten sammelte.
Inzwischen seien alle Einträge kontrolliert und die Pendenzen abgebaut, sagte Maurer. Er sprach von einer «historischen Leistung», die neue Philosophie sei nach über 20 Jahren nun umgesetzt. In der Datenbank ISIS seien noch 37’000 Personendaten gespeichert. Davon beträfen 10 Prozent Schweizer Bürger und 30 Prozent Personen mit Wohnsitz in der Schweiz.