Die Schweiz und Italien wollen grenzüberschreitend enger zusammenarbeiten. Bei einem bilateralen Gespräch in Neuenburg sprachen Bundesrat Didier Burkhalter und Italiens Aussenminister Paolo Gentiloni etwa über die Kooperation der Polizeibehörden.
So soll der Kampf gegen die grenzüberschreitende Kriminalität verstärkt werden. Derzeit laufen dazu Konsultationen, wie das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Montag nach dem Treffen der Minister mitteilte.
Der Schweizer Aussenminister erläuterte seinem Amtskollegen zudem die Pläne des Gesamtbundesrats, eine einseitige Schutzklausel einzuführen, sollte mit der EU nicht rechtzeitig eine Einigung gefunden werden. Die dreijährige Frist zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative der SVP läuft im Februar 2017 ab.
Gütliche Lösung erwünscht
Burkhalter unterstrich jedoch, dass der Bundesrat eine einvernehmliche Lösung mit der EU anstrebt, um die bilateralen Verträge nicht zu gefährden. Die beiden Minister seien sich einig, dass die Gespräche zwischen der Schweiz und der EU weitergeführt werden müssten, hiess es in der Mitteilung weiter. Gentiloni habe zugesichert, Italien werde die Schweiz bei diesem Prozess unterstützen.
In einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» vom Montag hatte Gentiloni sich zuversichtlich gezeigt, dass es nach der «Brexit»-Abstimmung in Grossbritannien im Juni zu einer «gütlichen Lösung» zwischen der Schweiz und der EU kommt. «Italien ist daran sehr gelegen.»
Ein einseitiges Vorgehen der Schweiz mit einer jährlichen Höchstzahl für die Zuwanderung hätte laut Gentiloni «sehr negative Folgen für die italienische und die Schweizer Wirtschaft.» Zudem wäre das auch ein «schlechtes Zeichen für die Zukunft Europas in politisch-kultureller Hinsicht».
Italien ist der drittgrösste Handelspartner der Schweiz und die Schweiz der fünftgrösste Exportmarkt für Italien. Das Handelsvolumen zwischen den beiden Ländern belief sich 2015 auf rund 34 Milliarden Franken, wie das EDA schreibt.
Grenzgängerabkommen harrt der Unterzeichnung
Burkhalter und Gentiloni blickten auch auf die im Juni bevorstehende Eröffnung des Gotthard-Basistunnels. Die Eröffnung illustriere das grosse Potenzial für die Vertiefung der Beziehungen zwischen der Schweiz und Italien. Als weitere wichtige Etappen wertete Bundesrat Burkhalter die neuen Regelungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sowie die definitive Unterzeichnung des Grenzgängerabkommens, die noch aussteht.
Das Abkommen war im Dezember paraphiert worden, nachdem sich die Länder auf ein neues Regime zur Grenzgänger-Besteuerung geeinigt hatten.
Gentiloni bezeichnete im Interview die Tessiner Massnahmen gegen Grenzgänger – unter anderem die Vorlage eines Strafregisterauszug – als «auf eine gewisse Art diskriminierend». Er betonte zudem erneut, dass die Unterzeichnung des Abkommens auch mit der Aufhebung dieser Massnahmen zusammenhänge. Rund 70’000 Grenzgängerinnen und Grenzgänger aus Italien kommen täglich zur Arbeit in die Schweiz.
Die Flüchtlingskrise war beim Treffen ebenfalls Thema. Bundesrat Burkhalter unterstrich, dass die Herkunftsländer der Flüchtlinge, die Transitländer und die Zielländer der Migration eng miteinander zusammenarbeiten und gleichermassen Verantwortung übernehmen müssten. Nur so könne die Krise bewältigt werden. Die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und ihrem südlichen Nachbarland im Migrationsbereich wurde positiv hervorgehoben, wie das EDA schreibt.