In jahrlanger Arbeit verwandelte ein Ehepaar eine Bruchbude in ein florierendes Geschäft. Jetzt haben sie von den BVB die Kündigung für ihren Kiosk am Kannenfeldplatz bekommen. Was mit dem denkmalgeschützten Tramhäuschen geschehen soll, ist unklar.
Freizeit hat Iyampillai Chandrakumar praktisch keine. Von 6 bis 16 Uhr arbeitet der 42-Jährige in der Uhrenfabrik «Ronda» in Lausen, unmittelbar danach fährt er mit dem Auto nach Basel und steht bis Ladenschluss hinter der Theke. Seit Sommer 2004 betreiben er und seine Frau Kalpana im denkmalgeschützten Tramhäuschen am Kannenfeldplatz einen Kiosk – sieben Tage die Woche, von 6 bis 22 Uhr. Den Kiosk hat der Sri Lanker für seine Frau aufgemacht, damit sie ihre Arbeitszeiten neben den beiden Kindern flexibel einteilen kann.
An den Start denkt Iyampillai Chandrakumar ungerne zurück. «Als wir hier anfingen, war das Gebäude eine Bruchbude und wir verdienten pro Tag nur 370 Franken mit unseren Waren», sagt er. Erschwerend kam hinzu, dass wegen der instabilen Türe mehrmals im Kiosk eingebrochen wurde. Während sechs Monaten schlief der Vater zweier Töchter deshalb jede Nacht im seit 1926 existierenden Tramhäuschen, bis er schliesslich das Geld, rund 18 000 Franken, für eine neue Türe und eine Alarmanlage zusammen hatte.
Bis zu 2700 Franken täglich
Mittlerweile floriert das Geschäft und das Ehepaar macht täglich einen Umsatz von 2200 bis 2700 Franken – obwohl vor rund zwei Jahren auf der gegenüberliegenden Strassenseite ein «Avia»-Shop seine Türen öffnete. Auch einen Angestellten kann sich das Paar heute leisten. «Wir haben 300 Stammkunden. Es gibt sogar Leute, die extra von Reinach anreisen, um bei uns Zigaretten zu kaufen oder Lotto zu spielen.» Dass er eine Lottomaschine habe, sei nicht selbverständlich. «Swisslos wollte uns am Anfang keine Maschine geben. Inzwischen belegen wir im Lotto umsatzmässig den 18. Platz in Basel.»
Die Zukunft wollen sich Iyampillai Chandrakumar und seine Frau nicht ausmalen. Ende März 2014 müssen sie ihren Kiosk aufgeben. Die Basler Verkehrs-Betriebe (BVB), als Verpächterin des Gebäudes, haben den Vertrag mit dem Ehepaar aufgelöst. Weshalb, weiss der seit 22 Jahren in der Schweiz lebende Sri Lanker nicht genau. Die BVB offensichtlich ebenso wenig. Der Mietvertrag mit Chandrakumar wurde mehrmals verlängert – zuletzt im März von der Staatlichen Schlichtungsstelle für Mietstreitigkeiten.
Auch Tickets für die BVB
Dass in einem Jahr endgültig Schluss sein soll, stimmt Iyampillai Chandrakumar «traurig». «Meine Frau und ich haben uns so viel Mühe gegeben, dass das Geschäft läuft. Jetzt ist dies endlich der Fall und wir müssen aufhören.» 450 Franken Miete zahlt das Paar derzeit. Geht es nach dem Fabrikarbeiter, dürften die BVB künftig mehr Miete von ihm verlangen. Ein solches Angebot lehnten die BVB aber ab. «Ich verstehe all das nicht. Ich frage mich auch, ob die BVB überhaupt wissen, dass ich Billette für sie verkaufe – und zwar für rund 2400 Franken im Monat.»
Was die BVB mit dem Gebäude vorhaben, ist offen. Eine Anfrage bei der Medienstelle wird nur per E-Mail beantwortet. Darin heisst es: «Die BVB kennen die Lage der Kioskbetreiberin gut und tragen dieser Rechnung, indem das Mietverhältnis mittlerweile über 60 Monate seit Aussprechen der Kündigung weiter aufrecht erhalten wird und die BVB sich weiterhin bemühen, der Mieterin einen alternativen Standort anzubieten. Michael Bont, Leiter Infrastruktur BVB, hält fest, dass zur Zeit die Neuevaluation der Zukunft des denkmalgeschützten Gebäudes am Kannenfeldplatz vorgenommen wird.» Auch eine weitere Anfrage der TagesWoche mit der Bitte um präzisere Informationen, wird per E-Mail beantwortet und hilft nicht weiter: «Die BVB sind noch immer um eine gute Lösung für die Zukunft des Kiosks bemüht», heisst es darin.
Ein Dasein ohne ihren Kiosk kann sich die 38-jährige Kalpana Chandrakumar nicht vorstellen: «Ich mag die Arbeit und die Kundschaft sehr. Die familiäre Atmosphäre gefällt mir.» Sie und ihr Mann würden alles unternehmen, um bleiben zu können.