Einen Monat nachdem die SVP die Unterschriften für ihre Initiative «Schweizer Recht statt fremde Richter» eingereicht hat, beginnt schon der Abstimmungskampf. Die Caritas legt ein Positionspapier vor, mit welchem sie die Wichtigkeit der Menschenrechte aufzeigen will.
«Für die Menschen in der Schweiz ist die Einhaltung der Menschenrechte Alltagsnormalität; mehr noch, sie ist eine Selbstverständlichkeit», sagte Hugo Fasel am Montag bei der Präsentation des Positionspapieres in Bern gemäss Redetext. Doch was selbstverständlich sei, drohe aus dem Bewusstsein zu geraten.
Die Hilfsorganisation tritt schon weit vor dem Abstimmungskampf an die Öffentlichkeit, um «das Selbstverständliche wieder in den Vordergrund zu rücken». Sie will die Bevölkerung aufrütteln und weitere zivilgesellschaftliche Organisationen dafür gewinnen, «ihre Stimme für das Völkerrecht zu erheben und den Angriff auf die Menschenrechte abwehren zu helfen».
«Wir wollen dazu beitragen, dass Völkerrechtsfragen politisch diskutiert werden und nicht zu ‚Juristenfutter‘ verarbeitet werden», sagte Fasel.
SVP für nationales Recht
Die sogenannte Selbstbestimmungsinitiaitve will in der Bundesverfassung verankern, dass diese über dem Völkerrecht steht – unter Vorbehalt von zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts wie dem Verbot von Sklaverei und Völkermord.
Im Fall eines Widerspruchs zwischen völkerrechtlichen Verpflichtungen und der Bundesverfassung soll sich der Bund für eine Anpassung der völkerrechtlichen Verpflichtungen einsetzen. Ist das nicht möglich, soll der völkerrechtliche Vertrag gekündigt werden.
Hinzu kommt eine weitere Verfassungsänderung: Für das Bundesgericht sollen neben den Bundesgesetzen nur noch jene völkerrechtlichen Verträge massgebend sein, die dem Referendum unterstanden haben. Das ist beispielsweise bei der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht der Fall.
Warnung vor aussenpolitischem Schlamassel
Für die Caritas ist die SVP-Initiative ein «fundamentaler Angriff auf das Völkerrecht und insbesondere auf die Europäische Menschenrechtskonvention». Ihr Ziel sei deren Kündigung. Die Organisation warnt davor, dass die Schweiz im Falle eines Ja «erneut in aussenpolitische Schlamassel» geraten werde.
Globale Herausforderungen wie der Klimawandel oder die Flüchtlingskrisen könnten nur durch enge Zusammenarbeit der Staatengemeinschaft bewältigt werden. Darum seien die zwischen Staaten ausgehandelten völkerrechtlichen Regeln wichtiger denn je. «Das Völkerrecht ermöglicht verbindliche und damit auch verlässliche Kooperationen in einer globalisierten Welt.»
Das Völkerrecht und die menschenrechtlichen Institutionen seien zudem meist die einzigen Instrumente und Bezugsinstanzen, um gegen Verbrechen von Diktaturen vorgehen zu können. Eine Annahme der Initiative mache die Schweiz unglaubwürdig, warnt Caritas deshalb.
Die Schweiz könne in diesem Fall nicht mehr bei anderen auf die Einhaltung der Menschenrechte pochen. Zudem könne sich dann jeder Diktator der Welt auf die Schweiz berufen und monieren, nationales Recht gehe vor Völkerrecht, sagte Fasel.