Zum Auftakt eines Berufungsprozesses in Paris hat es der einstige Top-Terrorist «Carlos» abgelehnt, sich von seinen Anwälten verteidigen zu lassen. «Ich habe meinen Anwälten verboten zu kommen und mich zu verteidigen», sagte der 63-Jährige am Montag vor einem Sondergericht in Paris.
Tatsächlich erschien keiner der Verteidiger vor Gericht. Stattdessen forderte «Carlos» die Richter auf, Pflichtverteidiger zu bestellen, was den Prozess erheblich behindern dürfte. Wegen Anschlägen in Frankreich mit elf Toten war «Carlos» 2011 zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
Seine Weigerung, sich von seinen Anwälten vertreten zu lassen, richte sich «nicht gegen das Gericht», versicherte «Carlos», der mit richtigem Namen Ilich Ramirez Sanchez heisst. Er habe «überhaupt keine Absicht, den Prozess zu sabotieren». Der Venezolaner begründete seinen Beschluss damit, dass sein Heimatland seine Anwaltskosten nicht tragen wolle.
Verhandlungen sollen fortgesetzt werden
Die Pflichtverteidiger würden die Akten nicht kennen, räumte «Carlos» ein. «Aber ich kenne sie. Das wird meine Verteidigung ein bisschen schwächen, aber wir werden das schon schaffen.» Die Gerichtsverhandlung solle fortgesetzt werden.
Allerdings können bestellte Pflichtverteidiger das Mandat zurückweisen. Der Prozess müsste dann verschoben werden. Das Gericht zog sich zunächst zur Beratung zurück, um die Pariser Anwaltskammer zu informieren.
Berufung gegen Urteil von 2011
«Carlos» hatte Berufung gegen das 2011 in erster Instanz gegen ihn gesprochene Urteil eingelegt. Der Venezolaner war für Anschläge in den Jahren 1982 und 1983 verantwortlich gemacht worden, bei denen in Frankreich elf Menschen getötet und rund 150 Menschen verletzt worden waren.
Bei dem Prozess wurde 2011 die Deutsche Christa Fröhlich freigesprochen, die an einem der Attentate beteiligt gewesen sein soll. Gegen diesen Freispruch hatte die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Die in Deutschland lebende Fröhlich teilte dem Sondergericht in Paris mit, sie werde – wie schon beim ersten Verfahren 2011 – auch diesmal nicht zum Prozess erscheinen.
Dem Venezolaner wird auch der Überfall auf die OPEC-Zentrale in Wien im Dezember 1975 angelastet, für den er nie verurteilt wurde. Bei dem Angriff kamen drei Menschen ums Leben.