Schweigen – diese Taktik hat der Zürcher Straftäter «Carlos» bei seinem Prozess vor dem Bezirksgericht Dietikon ZH vom Freitag gewählt. Reden wollte der sichtlich schlecht gelaunte 19-Jährige nur über seine neue Religion, den Islam.
Geburtsort? Kindheit? Besuchte Schulen? «Carlos» wollte zu keiner dieser ihm gestellten Standard-Fragen eine Antwort geben. Den Kopf auf die rechte Hand abgestützt, liess er die Fragen ohne Reaktion an sich vorüberziehen. Das stehe doch alles in seinen Akten, das müsse er ja nicht nochmals erzählen.
Reden wollte er nur über den neuen Halt in seinem Leben, den Islam. «Carlos» nennt sich jetzt Ibraheem und lebt nach dem Koran. «Aber ich verfluche die Terrormiliz ISIS», stellte er klar. Eine Frage des Richters zum Thema Drogen empfand er als Frechheit und reagierte entsprechend schnippisch. «Ich bin jetzt Muslim. Da habe ich doch nichts mit Drogen zu tun.»
Schlechte Gefühle im Massnahmenzentrum
Auch die Befragungen zu den Anklagepunkten dauerten nicht lange. Er gab zu, die Zellen im Massnahmenzentrum Uitikon (MZU) verwüstet und unter Wasser gesetzt zu haben. «Es war aber nicht mein eigenes Verschulden.» Er habe sich im MZU sehr schlecht gefühlt, er habe nicht mal einen Fernseher gehabt.
«Ich wusste, wenn ich mich schlecht benehme, dann kann ich wieder ins normale Gefängnis zurück. Also tat ich das.»
Zum weiteren Anklagepunkt, dass er an der Zürcher Langstrasse einen Mann mit einem Klappmesser bedroht haben soll, schwieg «Carlos» ebenfalls. Ein Überwachungsvideo, das während des Prozesses abgespielt wurde, zeigt sein mutmassliches Opfer, wie es in einen Hinterhof rennt und sich dort mit einer Eisenstange bewaffnet.
In einer Zeugenaussage gab der junge Mann an, er habe zu diesem Zeitpunkt grosse Angst gehabt, verletzt zu werden. Er habe «Carlos» zuvor noch nie gesehen. «Carlos» bestritt im Prozess, ein Messer dabeigehabt zu haben.
Kein weiteres «Sondersetting»
Es ist das erste Mal, dass sich «Carlos» als Erwachsener vor der Justiz verantworten muss. Ein weiteres «Sondersetting» wird es für ihn somit nicht geben, da dies nur für Jugendliche vorgesehen ist.
Der Staatsanwalt beantragt gemäss Anklageschrift eine unbedingte Freiheitsstrafe von 11 Monaten sowie eine unbedingte Geldstrafe von 15 Tagesätzen zu je 30 Franken. Die Vorwürfe lauten auf mehrfache Sachbeschädigung und Drohung. Diese Bestrafung soll aber zugunsten einer ambulanten Therapie aufgeschoben werden. Das heisst, dass es im Fall «Carlos» zu einem weiteren Therapie-Versuch kommen soll.