Es herrscht wieder einmal Aufregung am Kernforschungsinstitut Cern bei Genf: Am Mittwoch präsentieren Forscher neue Resultate ihrer Suche nach dem mysteriösen Higgs-Teilchen. Dank der riesigen Datenmengen sei nun klarer abzuschätzen, ob es existieren könnte, sagt der beteiligte Cern-Forscher Günther Dissertori.
Hinweise auf ein mögliches neues Teilchen hatten die Forscher vom Large Hadron Collider (LHC) am Cern schon Ende 2011 präsentiert. Damals sei die statistische Aussagekraft zu gering gewesen, um effektiv von einer Neuentdeckung sprechen zu können, erklärte Dissertori, Vorsteher des Instituts für Teilchenphysik der ETH Zürich, der Nachrichtenagentur sda.
Aber bis Juni 2012 habe der LHC-Teilchenbeschleuniger die gleiche Datenmenge sammeln können wie im ganzen Jahr 2011. Das sei fast eine Verdoppelung der Daten, die zur Verfügung stehen. „Diese Datenmenge wird interessante neue Aussagen ermöglichen“, sagte Dissertori. Der Kernphysiker forscht am CMS-Experiment – eines von zwei Cern-Experimenten, die dem geheimnisvollen Higgs-Teilchen nachspüren.
Die Forscher fahnden in ihren Daten nach statistischen Abweichungen von der Annahme, dass es ausser den bekannten Teilchen nichts gibt. „Entweder sieht man mit den neuen Daten gar keine Abweichungen mehr – also kein neues Teilchen“, sagte Dissertori. „Oder man sieht ähnliche Unregelmässigkeiten wie 2011, was die Hypothese, dass es ein neues Teilchen gibt, verstärken würde.“
Sirup-ähnliches Feld
Das Higgs-Teilchen wurde von Theoretikern vorgeschlagen, um zu erklären, warum andere Elementarteilchen Masse haben. Dem Modell zufolge wird das Universum von einem sirupähnlichen Higgs-Feld durchzogen, das andere Teilchen bremst. Würde die Existenz des Higgs-Teilchens ausgeschlossen, stünde das gesamte Erklärungsmodell der Physiker zum Grundaufbau der Materie auf der Kippe.
Sollten die Physiker nun ein neues Teilchen gefunden haben, müssten zuerst weitere Analysen bestätigen, dass es die für das Higgs-Teilchen vorhergesagten Eigenschaften besitzt. „Dies wäre ein riesiger Meilenstein nach über 20-jähriger Forschung, um die Elementarteilchen besser zu verstehen“, sagt Dissertori. „Für die Menschheit bedeutet es einen kulturellen Wert, nämlich besser zu verstehen, wie das Universum funktioniert.“