Gegen den gestürzten chinesischen Spitzenpolitiker Bo Xilai ist offiziell Anklage erhoben worden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem früheren Politbüromitglied und Parteichef der Metropole Chongqing «Bestechlichkeit, Unterschlagung und Machtmissbrauch» vor.
Die Anklageschrift gegen den 64-Jährigen sei am Donnerstag beim Volksgericht in der ostchinesischen Stadt Jinan (Provinz Shandong) eingereicht worden, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Nach einem Machtkampf war der einst aufsteigende Stern der Kommunistischen Partei im März vergangenen Jahres gestürzt worden.
Der juristische Abschluss des Politkrimis, der China seit Anfang vergangenen Jahres in Atem hält, ist eine der heikelsten Aufgaben für den neuen Staats- und Parteichef Xi Jinping. In der Anklageschrift beschuldigt die Staatsanwaltschaft den früheren Politstar «schwerer Verbrechen».
Korruption und Amtsmissbrauch
Bo Xilai habe «extrem hohe Summen an Geld und Besitz» als Bestechung angenommen, zitierte die Staatsagentur aus der Anklage. Er habe seine Stellung ausgenutzt, um anderen Vorteile zu verschaffen. Auch habe Bo Xilai «grosse Mengen öffentlicher Gelder unterschlagen und seine Macht missbraucht».
Die Interessen des Staates und Volkes seien schwer geschädigt worden, stellte die Anklage fest. Die Verteidiger des 64-Jährigen hätten ihre Meinungen zu den Vorwürfen eingereicht. Damit kann der Prozess gegen den Sohn des Revolutionsführers Bo Yibo schon bald beginnen.
Ein Mangel an Kooperation in den Untersuchungen lässt in China immer eine höhere Strafe erwarten. Bo Xilai drohen eine Strafe von mindestens 15 Jahren bis hin zu lebenslanger Haft.
Um den Fall abzuschliessen, soll das Urteil voraussichtlich vor dem wichtigen Plenum des Zentralkomitees im Herbst fallen, wo die Weichen für die Zukunft des Landes gestellt werden sollen.
Einst ein aussichtsreicher Kandidat
In dem Prozess geht es um Unterschlagung und Bestechlichkeit in einem Umfang von rund 30 Millionen Yuan, umgerechnet 4,5 Millionen Franken, wie Hongkonger Zeitungen berichteten.
Der Vorwurf des Amtsmissbrauchs bezieht sich auch auf den Umgang mit dem Mord an dem britischen Geschäftsmann Neil Heywood durch seine Frau Gu Kailai. Sie war im August vergangenen Jahres wegen Mordes an dem Familienfreund zu einer Todesstrafe auf Bewährung verurteilt worden.
Der charismatische Bo Xilai galt im Zuge des Generationswechsels in der Partei im vergangenen Jahr als aussichtsreicher Kandidat für einen Aufstieg an die Spitze. Im Februar 2012 überwarf sich aber sein Polizeichef und enger Vertrauter Wang Lijun mit ihm und packte aus.
Der «Super-Bulle» enthüllte, dass die Frau des Spitzenpolitikers den Briten mit Gift ermordet habe. Heywood soll geholfen haben, ihr Vermögen ins Ausland zu bringen, doch habe es Streit gegeben.