Erstmals seit 14 Jahren hat China eine ausländische Journalistin ausgewiesen – eine Reporterin des arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira. Hintergrund der Ausweisung der Amerikanerin ist Chinas Verärgerung über eine Dokumentation des Senders über Arbeitslager.
An dieser war die Al-Dschasira-Reporterin Michelle Chan allerdings nicht mal beteiligt. Die letzten bekannten Fälle eines ausgewiesener Journalisten waren 1998 der China-Korrespondent des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“, Jürgen Kremb, der innerhalb von 48 Stunden das Land verlassen musste, und ein japanischer Journalist.
Kritik von Auslandskorrespondenten
Die Ausweisung der Journalistin Chan stiess auf Kritik und Empörung. Entsetzt zeigte sich der Club der Auslandskorrespondenten in China (FCCC) und sprach vom bisher „schlimmsten Fall“ in der Reihe von Versuchen, ausländische Journalisten zu zensieren und einzuschüchtern.
Das in New York ansässige Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) protestierte gegen die „echte Verschlechterung“ des Arbeitsklimas in China. „Das Land sendet eine Botschaft aus, dass internationale Berichterstattung nicht erwünscht ist“, sagte der CPJ-Koordinator für Asien, Bob Dietz.
Peking ärgert sich über Dokumentation
Der Korrespondentenclub berichtete, die chinesische Seite habe sich verärgert über eine ausserhalb Chinas produzierte Dokumentation von Al-Dschasira über Zwangsarbeit in chinesischen Gefangenenlagern im November geäussert. Darin kamen auch ehemalige Insassen zu Wort, die der in China verbotenen und verfolgten Kultbewegung Falun Gong angehören.
Die Behörden sind nach FCCC-Angaben auch insgesamt unzufrieden über die englische Berichterstattung des Senders aus China gewesen. Chan seien ferner Verstösse gegen Vorschriften vorgeworfen worden, die nicht näher benannt wurden.
Chinas Aussenministerium verteidigte die Ausweisung. Ausländische Journalisten sollten „objektiv“ berichten, müssten sich an Chinas Gesetze und an „professionelle Grundsätze“ halten. Chinas Umgang mit ihnen orientiere sich auch an ihrer Arbeit, sagte der Sprecher Hong Lei.
Chan arbeitete seit 2007 in China und gilt unter Kollegen als erfahrene, umsichtige Korrespondentin. Der Sender habe „erstklassige Arbeit“ in China geleistet, sagte der Al-Dschasira-Chef für englische Nachrichten, Salah Negm.