Im ersten Teil haben wir die Ausrüstung vorgestellt, die es für ein immersives Raumerlebnis braucht. Doch ein VR-System ist immer nur so gut wie seine Spiele, darum kommen hier die Geschenktipps für das Weihnachtskind.
Im ersten Teil des grossen Virtual-Reality-Specials war von der Hardware die Rede, jetzt geht es um die Games. Das Line-up des Systems ist riesig, fast alle bekannten Spiele-Publisher haben Titel entweder veröffentlicht oder arbeiten daran. Insgesamt sind für Weihnachten 2016 über 150 Spiele angekündigt. Wir haben die besten ausführlich getestet und sagen, ob sich die Investition lohnt.
«PlayStation VR Worlds» (ca. 59 Franken)
«PlayStation VR Worlds» ist die Einstiegsdroge in virtuelle Welten und gehört zur Grundausstattung. Unbegreiflich, dass Sony den Titel nicht einfach zum Grundsystem mit dazugibt. Das Spiel besteht aus einer Sammlung von Minispielen, die die Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten des Systems aufzeigen.
Da ist einmal die Unterwasser-Welt von «Ocean Descent». In einem Haikäfig taucht man immer weiter in die Tiefen des Ozeans. Zunächst bestaunt man die bunte Fischwelt, folgt Meeresschildkröten rund um den Käfig und ist fasziniert von schönen Leuchtquallen. Doch es geht tiefer, bis der Grund, weshalb man in einem Käfig ist, erscheint. Ein riesiger weisser Hai umkreist einen, und man wähnt sich in Sicherheit, doch dann geht einiges schief… Das Erlebnis ist unglaublich beklemmend, und wer Freunde mit dem System beeindrucken will: Das ist das perfekte Demo-Spiel.
Actionlastig kommt «The London Heist» daher. Cineasten fühlen sich sofort in die Welt von Guy Ritchie («Lock, Stock and Two Smoking Barrels» oder «Snatch») versetzt. Ein Diamantenraub ist schiefgegangen, man sitzt gefesselt an einen Stuhl und wird verhört. In Rückblenden erlebt man den Raub, muss aus einem fahrenden Auto auf seine Verfolger schiessen oder sich gegen anstürmende Gangster in einem prächtigen Büro wehren. Am Ende steht ein hochdramatisches Finale rund um die Frage: Wo ist der Diamant geblieben?
Für Speed-Freaks gibts den virtuellen Strassenrodler «VR Luge», der aber etwas unter der seitlichen Kollisionsabfrage leidet, die das Spielgefühl doch merklich trübt: Kracht der Schlitten nämlich ins Trottoir, schlittert er unkontrolliert in der Gegend rum, was in einem sehr seltsamen Gefühl resultiert, da die Bewegung nicht mit dem eigenen Gleichgewichtssinn übereinstimmt.
«Scavengers Odyssey» ist ein kleines Science-Fiction-Ballerabenteuer mit einem mechanischen Roboteranzug. Grafisch ansehlich, spielerisch in Ordnung, am Ende aber nicht mehr als ein Appetithappen für die angedeuteten Möglichkeiten des VR-Systems.
Ein Klassiker der Spielgeschichte in neuem Gewand ist schliesslich «Danger Ball». Ein virtueller Ball muss mit dem Kopf hin und her gesteuert werden – wer ihn nicht erwischt, verliert. Genau, es handelt sich um eine moderne Version von Pong, einem der ersten Videospiele überhaupt. Gerade für den Einstieg in virtuelle Spielgefühle eignet sich das Mini-Game bestens, taugt aber kaum für stundenlange Duelle.
Wie eingangs erwähnt: «PlayStation VR Worlds» ist eine hübsche Minispiele-Sammlung, die die Möglichkeiten des Systems toll aufzeigt, aber eher als virtuelle Vorspeise bezeichnet werden muss. Von einem Hauptgang erwartet man deutlich mehr. Gehört aber sicherlich in jede VR-Spielesammlung.
«EVE: Valkyrie» (ca. 69 Franken)
«EVE» Online ist eine unter Science-Fiction-Fans höchst populäre Weltraumsimulation mit über 500’000 Abonnentinnen und Abonnenten. Das klingt erst einmal nicht nach viel, wenn man es mit den 5 Millionen Spielerinnen und Spielern von «World of Warcraft» vergleicht. Doch im Gegensatz zu eben diesem Spiel wächst die Fangemeinde stetig. Das kleine isländische Entwicklungsstudio CCP Games sorgte entsprechend für grosses Aufsehen, als ein Ableger für VR-Systeme angekündigt und im März 2016 für das Oculus-Rift-System veröffentlicht wurde.
«EVE: Valkyrie» ist, anders als das Hauptspiel, ein Action-Titel. Als Elite-Raumschiffpilot stürzt man sich in Raumschlachten epischen Ausmasses und darf sich gar in Multiplayer-Duellen mit echten Mitstreitern messen. Das Spielgefühl ist toll, was vor allem der hervorragenden Grafik geschuldet ist. Zwar ist der eigentliche Spielgehalt nicht gewaltig und nach ein paar Stunden macht sich etwas Monotonie breit – aber da wohl eh kaum jemand fünf Stunden am Stück mit der Datenbrille auf dem Kopf zockt, ist das verzeihbar.
Wer Freunde mit seinem PlayStation-VR-Spiel beeindrucken will, startet «EVE: Valkyrie» auf. Die Immersion ist beeindruckend, die Steuerung präzise und simpel – was will man mehr. Aus technischer Sicht ist das Spiel vermutlich etwas vom Besten, was das Start-Line-up zu bieten hat.
«Robinson: The Journey» (ca. 69 Franken)
Das deutsche Spielunternehmen Crytek war gerade in technischen Belangen immer zuvorderst dabei, wenn neue Plattformen auf den Markt kamen. Die «Crysis»- und «Far Cry»-Spiele waren jeweils Meilensteine ihres Genres, und so durfte man auch gespannt sein, als das Studio sein erstes VR-Spiel ankündigte.
«Robinson: The Journey» ist ein Science-Fiction-Abenteuerspiel. Als Überlebender eines Raumschiffabsturzes muss sich der junge Robin auf einem feindlichen Planeten beweisen. Gleich zu Beginn entdeckt man ein Nest mit riesigen Eiern, aus denen sogleich ein junger Tyrannosaurus Rex schlüpft. Robin freundet sich mit ihm an und nennt ihn Laika. Gemeinsam mit Laika und einem kugeligen Roboter namens Higs beginnt man, den dinosaurierbevölkerten Planeten zu erkunden.
Neben der feindlichen Fauna birgt der Planet zahlreiche weitere Gefahren, die nur durch bedachtes Erkunden und das Lösen von (meist einfachen) Rätseln gebannt werden können.
Grafisch macht «Robinson: The Journey» viel her. Der Planet ist abwechslungs- und detailreich gestaltet, die Dinosaurier gut animiert. Die Steuerung funktioniert grundsätzlich auch sehr gut, man kann sich nahezu frei bewegen. Dass die Macher jedoch auf das Joypad statt den Move Controller gesetzt haben, ist unerklärlich. Gerade in Kletterpassagen (von denen es einige gibt) geht dadurch viel von der ansonsten packenden Atmosphäre verloren.
Angeblich denken die Entwickler über eine Move-Unterstützung nach – wird das umgesetzt, dürfte das Spiel zur neuen Messlatte werden. Das gesamte Abenteuer ist zwar nur etwa vier Stunden lang, die machen aber wirklich grossen Spass. Wenn das Spiel noch ein paar Franken im Preis sinkt, darf hier ungeniert zugeschlagen werden.
«Eagle Flight» (ca. 45 Franken)
Das Fliegen ist eine der offensichtlichsten VR-Anwendungen. Völlig frei durch virtuelle Welten zu schweben, gehört seit Anbeginn der Technologie zu den faszinierendsten Erlebnissen. Ubisoft hat daraus ein flottes Spiel gebastelt: «Eagle Flight».
Als Adler darf man durch das virtuelle Paris fliegen – ohne störende Menschen. Die Macher haben das Problem der fehlenden Rechenpower elegant gelöst: Statt entweder kaum Menschen auf den Strassen zeigen zu können oder – noch schlimmer – durch eine menschenleere Stadt fliegen zu müssen, wurde kurzerhand der Untergang der Menschheit heraufbeschworen.
Nachdem die Menschheit ausgestorben ist, wird Paris von Flora und Fauna in Beschlag genommen. Elefanten, Giraffen und andere Zootiere bevölkern die französische Metropole, und in den Lüften dominieren Adler statt Jets. Als ebensolcher steuert man nur mit Kopfbewegungen (und ein paar unterstützenden simplen Knöpfen auf dem Joypad) durch den Luftraum.
Das Erlebnis kann sich sehen lassen: Von den wichtigsten Monumenten (Eiffelturm, Notre-Dame) bis hin zu den Seine-Brücken macht das digitale Paris keine schlechte Falle. Zwar wurde die Grafik bewusst etwas comicartig gehalten, sie überzeugt jedoch in Bewegung problemlos.
Auch der Spielinhalt ist rundum unterhaltend: Ob im Einzelspielermodus Aufgaben erledigt werden müssen oder in Mehrspielerduellen der Luftraum erobert werden soll: Jeder Teil erfüllt seinen Zweck perfekt. Der Storymodus glänzt zwar nicht unbedingt durch Einfallsreichtum, der gute Mehrspielerteil gleicht das Manko aber problemlos aus.
«Driveclub VR» (ca. 59 Franken)
Seit es Rennspiele gibt, arbeiten die Entwickler daran, ein möglichst «echtes» Fahrgefühl zu bieten. Es gibt unzählige Hardware-Zubehöre wie Steuerräder, spezielle Spiel-Sitze, Gangschaltungen und dergleichen. Doch erst mit der VR-Technologie rückt ein eindrückliches Erlebnis in sprichwörtlich greifbare Nähe.
«Driveclub VR» ist das erste Autorennspiel für PlayStatIon VR, doch bestimmt nicht das letzte. Aufgrund der vermutlich gewaltigen Rechenpower, die eine solche Anwendung benötigt, musste an der Grafik gegenüber dem Originalspiel kräftig geschraubt werden – nur leider nach unten. So sieht das Ganze eher wie ein Spiel der vorletzten Konsolengeneration aus.
Dafür funktioniert die VR-Technologie sehr gut und reagiert ohne spürbare Verzögerungen. Keine Sekunde kommt die gefürchtete VR-Übelkeit auf – selbst in schnell gefahrenen Kurven und bei Kollisionen mit gegnerischen Fahrzeugen nicht.
Für Autofans ein unbedingtes Muss, für alle anderen ein Vorgeschmack darauf, was die Entwickler hoffentlich in einem Jahr werden bieten können.
«Super Stardust Ultra» (ca. 25 Franken)
Ein höchst unterhaltendes Weltraum-Ballerspiel war «Super Stardust» schon immer. Als VR-Anwendung wird das Ganze noch viel cooler. Für den tiefen Preis ein absolutes «Must-Have»: Kaum stülpt man sich die Brille über, wird man in das hektische Geschehen gezogen.
Das Konzept ist so simpel wie genial: Auf einem Mini-3D-Planeten fliegt ein Raumschiff über die Oberfläche und zerstört ankommende Meteoriten-Teile. Je nach Material der Meteoriten muss man einen anderen Schuss auswählen, damit man effizient bleibt.
Wer Spielspass für Hunderte von Stunden sucht, liegt hier goldrichtig.
«Job Simulator» (ca. 29 Franken)
Wir schreiben das Jahr 2050. Was wir heute als normale Arbeitsstellen kennen, findet sich bloss noch in einem Museum. Und so können wir im Job-Museum auswählen, welche Arbeit wir gerne «erleben» möchten: Küchenchef, Büroangestellter, Ladenverkäufer oder Automechaniker.
Das Gezeigte ist unglaublich komisch (gerade auch für Zuschauer ohne VR-Brille). So muss man als Küchenchef zum Beispiel eine Pizza zusammenstellen. Was man als Belag wählt, ist einem aber freigestellt: Ob Kekse oder Äpfel – Grenzen gibt es keine. Weil die Steuerung mit dem Move Controller ziemlich schwierig ist, geht schnell einiges zu Bruch.
«Job Simulator» ist kein Spiel im eigentlichen Sinne, aber als Zeitvertrieb gerade mit Freunden eignet es sich prima und ist sein Geld durchaus wert.
«Rise of the Tomb Raider: 20 Year Celebration» (ca. 69 Franken)
Das grossartige «Rise of the Tomb Raider» ist neu als «20 Year Celebration»-Edition erhältlich. Mit dabei ist neu auch eine teilweise VR-Unterstützung. So kann das riesige Anwesen der Familie Croft erkundet werden, was ziemlich gut umgesetzt wurde. Zwar ist die Steuerung mittels Teleportation anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, hat man sich aber darauf eingelassen, klappt es prima.
Das Spiel ist toll, schon als Exklusivtitel auf der Xbox One gehörte es zu den Besten der Reihe. Und auf der PS4 ist es dank neuster Technologie (PS-Pro-Unterstützung und eben dem kleinen VR-Bonusinhalt) gleich noch besser geworden. Wer das Spiel noch nicht in der Sammlung hat, MUSS zugreifen. Wer den letzten Uncharted-Teil durchhat, kann hier gleich auf demselben Niveau weiterspielen.
«Until Dawn: Rush of Blood» (ca. 34 Franken)
Mit dem Horror-Spiel «Until Dawn» hat dieser Ableger bis auf den Titel eigentlich nichts gemeinsam, das macht aber auch nichts. «Rush of Blood» ist ein sogenannter «Rail-Shooter». In einem kleinen Achterbahnwagen wird man durch einen Horror-Park gefahren, der es in sich hat.
Eine eigentliche Geschichte gibt es nicht, dafür sorgt «Rush of Blood» für Schockmomente am Laufmeter. Wer erleben möchte, wie unheimlich VR-Technologie sein kann, wird hier fündig. Von blutverschmierten Clowns über gruselige Spinnen: das Spiel ist garantiert nichts für schwache Nerven. Zur Steuerung sind Move Controller unbedingt empfohlen, mit dem Joypad geht es aber auch.
Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt auch hier – wer Horror mag, muss zuschlagen. Alle anderen seien gewarnt: Eine Geisterbahnfahrt an der Herbschtmäss ist ein totales Kinderspiel gegen den Horror, der einen hier erwartet.