Der Basler Comix Shop feiert ein stolzes Alter – unter neuer Leitung. Seit 30 Jahren lockt das Fachgeschäft Comicbegeisterte in die Theaterpassage.
Jeder kennt sie, die drei Affen, die für den Umgang mit dem Schlechten stehen: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Der erste hält die Hände vor die Augen, der zweite über die Ohren, der dritte über den Mund.
In Basel sind die drei Affen inzwischen auch als Markenzeichen eines Ladens bekannt: des Comix Shops, der in der Theaterpassage seit nunmehr 30 Jahren Comicbegeisterte anlockt. Der Schweizer Künstler Thomas Ott hat das Logo 1995 gezeichnet, wobei derjenige Affe, der nichts sehen sollte, lustvoll in einem «Tarzan»-Heftchen liest.
Ist ja auch nichts Schlechtes, so ein Comic. Das haben nun auch die beiden anderen Affen erkannt: Sie feiern nämlich mit ihrem Kollegen ausgelassen das Jubiläum des Comix Shops – im neuen Logo, das wiederum Thomas Ott speziell für diesen Anlass geschaffen hat.
Der Aufstieg begann im Keller
1983 war es, als drei Comicfans im Keller des heutigen Oekoladens in der Theaterpassage einige Dutzend Kisten mit Comics aufstellten und diese verkauften. Zwei von ihnen, Michel Schulz und Erwin Eggenschwiler, waren schon vorher immer wieder nach Deutschland gepilgert und hatten dort Comics eingekauft, die sie in Basel unter die Leute brachten – auf sehr unprofessioneller Basis allerdings. Man munkelt, dass einige Angestellte immer wieder mal mit dem Geld, das sie eingenommen hatten, das Weite suchten. Also tat man sich schliesslich mit Felix Gally zusammen, einem Buchhändler. Bald bezog man aber ein eigenes Ladenlokal mit Schaufenster schräg gegenüber.
Von Anfang an setzte der Comix Shop nicht nur auf den Verkauf, sondern machte auch mit Signierstunden auf sich aufmerksam. Auf diese Weise schaffte er es, ein Stammpublikum aufzubauen. Drei Jahre nach dem Start wurde ein weiterer Laden bezogen: Ein paar Meter weiter vorne in der Theaterpassage, wo sich der Laden heute noch befindet. Die treue Kundschaft ist weiter gewachsen und gut durchmischt: alt wie jung, männlich und weiblich, Fans von Klassikern, von Bandes Dessinées, von US-Comics, von Mangas, sie alle pilgern regelmässig hierher, wie Angela Heimberg erzählt.
Die Buchhändlerin hat zusammen mit Juan Ortega und Jean-Marc Neuhaus im vergangenen Dezember die Leitung des Comix Shops von der bisherigen Inhaberin Gabriela Santa übernommen. Diese hatte den Laden seit dem Tod ihres Mannes Felix Gally im Jahr 1990 alleine geleitet. Schulz und Eggenschwiler waren schon einige Zeit vorher ausgestiegen. Das neue Team möchte weiterhin an der Front stehen – wie es das bisher schon getan hat, hinter der Ladentheke, so wie Heimberg.
Facelifting
Auch ein Facelifting steht zum 30. Geburtstag an: «Wir wollen dem Laden Frische geben und ein wenig investieren, in ein neues Wandbild beispielsweise.» Eine Unmenge an Geld stehe dafür zwar nicht zur Verfügung, denn der Comix Shop hat mit ähnlichen Krisen zu kämpfen wie der restliche Buchhandel. «Unser Glück ist, dass wir schon immer ein Nischenpublikum bedient haben», erklärt Heimberg. Und dass die Konkurrenz auf diesem Gebiet in Basel klein ist – denn andere, die in den letzten Jahren versucht haben, hier Comics zu verkaufen, mussten schnell wieder aufgeben. Zu stark ist der Comix Shop vernetzt und bekannt.
Doch auch er musste sich zuerst ein Konzept geben. Während die meisten Fachläden sich auf eine bestimmte Art von Comics spezialisieren, setzt der Comix Shop seit jeher auf ein Vollsortiment. Hier findet man «Asterix»- oder «Gaston»-Bände ebenso wie die neusten englischsprachigen Marvel- und DC-Comics. Trotzdem ist auch er an Trends gebunden. Als zum Beispiel die grosse Manga-Welle anrollte, füllte man fast den ganzen Laden mit dem japanischen Lesestoff, so gross waren Markt und Nachfrage. «Wir hatten irgendwann regelrecht Angst, dass wir bald keinen Platz für anderes mehr haben würden», sagt Heimberg mit einem Lachen. «Zum Glück verflachte der Trend irgendwann wieder.» Grundsätzlich aber setze man auf Aktualität und auf Effizienz, das hätten schon die Gründer so angedacht. Im Klartext: Was keinen Umsatz generiert, fliegt raus.
Anders lässt es sich auch nicht überleben, der Druck gerade durch das Internet ist gross. Schon Ende der Neunziger hätten sie das Aufkommen von Amazon und Co. erkannt, merkt Heimberg an.
Treffpunkt für Manga-Fans
«Über den reinen Verkauf hinausgehende Angebote und Veranstaltungen sind uns sehr wichtig», sagt Heimberg. Deshalb gibt es noch immer regelmässig Signierstunden mit nationalen und internationalen Grössen, einen Treffpunkt für Manga-Fans oder einen Abonnementdienst für Comicheftserien aus den USA. «Im Comicbereich tummeln sich viele Nerds», sagt Heimberg. «Dem versuchen wir Rechnung zu tragen und Ansprechpartner zu sein.» Deshalb könne im Laden auch nur arbeiten, wer Leidenschaft dafür mitbringe: «Ohne Freude an Comics ist man hier am falschen Platz.»
Diese Leidenschaft bringt das neue Besitzer-Trio mit. Und blickt deshalb frohgemut in die Zukunft. Ob weitere 30 Jahre daraus werden, hängt aber nicht nur von der Leidenschaft ab, sondern auch von der weiteren Entwicklung des Buchmarktes. Oder vielleicht auch davon, ob der Comix Shop seinen Standort behalten kann. Kurze Unsicherheit haben hier gerade kürzlich die Umbaupläne der benachbarten kult.kino AG ausgelöst. Diese sind vorerst aus dem Weg geräumt, dem Neuaufbruch steht somit nichts im Weg. Und die drei Affen dürfen freudig weiterlesen.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 14.06.13