Der nächste Dalai Lama könnte nach Ansicht des derzeitigen Inhabers dieser Würde auch eine Frau sein. «Wenn die Umstände so sind, dass ein weiblicher Dalai Lama nützlicher ist, wird automatisch ein weiblicher Dalai Lama kommen», sagte das geistliche Oberhaupt der Tibeter.
Der 77-Jährige wurde zu einer Geschlechterdebatte befragt, die von der australischen Premierministerin Julia Gillard in den vergangenen Tagen neu entfacht worden war.
Der Dalai Lama sagte zum Auftakt eines Besuchs in Australien, die Welt sei mit einer «moralischen Krise» der Ungleichheit und des Leidens konfrontiert und brauche Anführer mit Mitgefühl. «In dieser Hinsicht haben Frauen grösseres Potenzial», sagte der Friedensnobelpreisträger.
Frauen hätten grössere Sensibilität gegenüber anderen: «In meinem Fall war mein Vater schnell aufbrausend, in einigen Fällen erhielt ich Schläge, aber meine Mutter war so wunderbar mitfühlend.» Der Dalai Lama lebt seit seiner Flucht aus dem chinesisch besetzten Tibet im Jahr 1959 in Nordindien im Exil.
Gillard hatte am Dienstag den oppositionellen Konservativen vorgeworfen, dass sie im Fall eines Siegs bei der Parlamentswahl im September Frauen marginalisierten und die Reform beim Abtreibungsrecht zurückdrehen wollten.
Am Mittwoch warf sie Oppositionsführer Tony Abbott zudem vor, regelmässig mit frauenfeindlichem Verhalten aufzufallen. Anlass war die Speisekarte eines Spendendinners der Konservativen, auf dem eine Wachtel «mit kleinen Brüsten und fetten Schenkeln» nach Gillard benannt worden war.