Die Milchkuh-Initiative ist wegen der angedrohten Sparübungen gescheitert – darin sind sich Initianten und Gegner einig. Beide Seiten stellen nun Forderungen zur nächsten Strassenvorlage, dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds .
Finanzminister Ueli Maurer zeigte sich am Sonntag erfreut über die Ablehnung der Milchkuh-Initiative. Die Bundeskasse bleibe unangetastet, sagte er vor den Bundeshausmedien.
Für Maurer ist das Abstimmungsresultat ein Votum gegen die Anspruchshaltung einer einzelnen Gruppe. «Die Bevölkerung hat sich für ein Gleichgewicht der verschiedenen Bundesaufgaben ausgesprochen», sagte er. Die Probleme im Strassenverkehr könnten nun auf eine andere Art gelöst werden.
Derzeit diskutiert das Parlament über die Schaffung eines Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds (NAF). Vorgesehen ist, mehr Geld als bisher für die Strasse statt für andere Bundesaufgaben zu verwenden. Im Nationalrat steht das Geschäft gegen Ende der laufenden Sommersession auf dem Programm.
Sind Autofahrer Milchkühe?
Das Volk sei nicht auf das «Milchkuh-Märchen» hereingefallen, sagte SP-Nationalrätin und VCS-Präsidentin Evi Allemann, gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Es sei den Gegnern gelungen aufzuzeigen, dass die Autofahrer nicht die Milchkühe der Nation seien. Zudem hätten die Stimmbürger den «Raubzug auf die Bundeskasse» nicht goutiert. Das Volk wolle nicht auf Kosten von Bildung und öffentlichem Verkehr die Strassen ausbauen.
Das deutliche Resultat sei eine klare Trendwende, urteilt Regula Rytz, Präsidentin der Grünen. Die Bevölkerung sage Nein zum «Strassenausbaufestival der bürgerlichen Autoverbände.»
Die Gegenseite habe erfolgreich vor einem Abbau bei Bildung, Forschung, Landwirtschaft und Armee gewarnt, musste auch Befürworter Andreas Burgener, Direktor von auto-schweiz, eingestehen. Anscheinend habe das Argument, für mehr Kostenwahrheit beim Verkehrsträger Strasse zu sorgen, nicht gegriffen.
«Die Strassenbenützer bleiben die ‚Milchkühe‘ der Nation», ist für auto-schweiz deshalb klar. Die Vereinigung der Automobil-Importeure hatte zusammen mit Strassenverkehrsverbänden die Initiative «für eine faire Verkehrsfinanzierung» lanciert.
Beide Seiten setzen auf NAF
Sowohl Befürworter als auch Gegner der Initiative setzen nun auf die NAF-Vorlage, welche am 15. Juni vom Nationalrat beraten wird. Auch diese sieht Verbesserungen für den Strassenverkehr vor, geht aber weniger weit als die «Milchkuh-Initiative». In der vom Ständerat beschlossenen Variante würden die Forderungen der Initianten ziemlich genau zur Hälfte erfüllt, weshalb der Fonds auch schon als «halbe Milchkuh» bezeichnet worden ist.
Beide Seiten erhoffen sich nun für die Beratung im Nationalrat Verbesserungen zu ihren Gunsten. Die Verlierer betonten, die Gegner hätten den NAF im Abstimmungskampf als bessere Alternative angepriesen. Nun müssten die gemachten Versprechungen eingehalten werden. Unter anderem will sich die Automobil-Lobby gegen eine Benzinpreiserhöhung wehren. Mit der vom Ständerat beschlossenen Erhöhung von 4 Rappen pro Liter sei «die absolute Schmerzgrenze erreicht», teilten mehrere Organisationen mit.
Anders sehen dies die links-grüne Abstimmungsgewinner. Das Parlament müsse nochmals über die Bücher, sagte Allemann. Auch beim NAF dürfe es «keinen Raubzug auf die Bundeskasse geben».
«Der Spielraum für die Autolobby ist kleiner geworden», ist Regula Rytz nach dem deutlichen Nein zur Initiative überzeugt. Der Ständerat habe den NAF bereits zu einer «halben Milchkuh» gemacht, die vorberatende Nationalratskommission habe daraufhin noch zusätzliche Verschlechterungen eingeführt.
«Das Abstimmungsresultat ist ein deutliches Zeichen an die Bürgerlichen, beim NAF nicht zu übertreiben. Sonst werden sie bei der Abstimmung dazu wiederum scheitern.»