Viele sind schon am Studentenwohnheim, Mittlere Strasse 33, vorbeigegangen. Die wenigsten wissen, wie es drinnen ausieht und wie dort Studenten und Studentinnen aus vielen Nationen zusammenleben. Wir stellen das Haus vor, das vor einer ungewissen Zukunft steht.
Die Universität Basel zählt aktuell über zwölfeinhalbtausend Studierende. Sie alle benötigen Wohnraum im näheren Umfeld, der das Budget nicht zu sehr belastet. Verschiedene Wohnformen kommen in Frage: Verbleib im Haushalt der Eltern, die kollektive Wohnform Wohngemeinschaft oder eine eigene bescheidene Wohnung.
Unterstützung bei der Suche findet man durch die Uni-Webseite und die Studentische Wohnvermittlung, die von Hauseigentümern Häuser und Wohnungen mietet und diese an die Auszubildenden weitervermietet. Ein andere Wohnmöglichkeit erscheint selten auf dem Radar der Öffentlichkeit: das Studentenwohnheim.
Ihm soll hier unser Augenmerk gelten, damit es vermehrt ins Bewusstsein rückt. Wir stellen eines von fünf vor Ort bestehenden Häusern vor, die Genossenschaft Studentenheim Basel, begünstigt durch die universitätsnahe Lage an der Mittleren Strasse 33. Der gegenüber der Strasse zurückversetzt gelegene dreistöckige Gebäudekomplex gruppiert sich um zwei begrünte Innenhöfe.
Das Haus ist bald fünfzig Jahre alt, aber das Konzept aus der Mitte der 1960er-Jahre überzeugt noch immer. Architekt war der Schweizer Ernst Egeler (1908-1978), der seine Ausbildung am Bauhaus in Dessau absolvierte. Die Anlage wirkt ästhetisch ansprechend, der Garten lädt zum Verweilen ein. Sechs mit einander verbundene Flügel umschliessen in Gestalt einer oben offenen Acht zwei quadratische Innenhöfe. Der mittlere Verbindungstrakt enthält im Erdgeschoss den Gemeinschaftsraum. In den übrigen Flügeln reihen sich entlang der aussenliegenden Flure die Studentenzimmer, deren Fenster auf die Innenhöfe hin orientiert sind, ein Pluspunkt der Anlage.
Ein Heim auf Zeit
Insbesondere für ausländische Studierende an der Universität ist diese Wohnform ein praktikabler Einstieg und damit ein willkommenes Angebot. Über den Ankerpunkt Studentenheim erfolgt die schrittweise Integration in die Stadt Basel, deshalb prägt die Atmosphäre des Hauses die Stimmung der Neuzuzüger entscheidend mit. Ein gewichtiges Argument zugunsten des Studentenheimes ist naturgemäss, auch für Studierende aus der übrigen Schweiz, der moderate Mietpreis.
Die Hälfte der Bewohner stammt aus dem Ausland; diese sind Austauschstudenten oder absolvieren hier ihren Studienabschluss. Das Studentenwohnheim fungiert als niederschwellige Anlaufstelle, da kulturelle und sprachliche Hürden und nicht zuletzt finanzielle Einschränkungen den Zugang zum freien Wohnungsmarkt erschweren. Während der vorlesungsfreien Zeit, bzw. in den Semesterferien, sind die Bewohner nicht allein, sondern knüpfen intern soziale Kontakte. Im Lauf der Zeit, wenn die persönlichen Bindungen zu den einheimischen Studienkollegen/-innen sich vertiefen, rücken andere Wohnformen wie z.B. Wohngemeinschaften ins Blickfeld.
Gefährdung durch Finanzierungsproblem
Es fragt sich, ob das Überleben dieser geschätzten Institution auch in Zukunft gesichert ist. Im Vordergrund steht ein Finanzierungsproblem. Bis anhin belaufen sich die Mietausgaben zuhanden der Immobilien-Verwaltung des Kantons Basel-Stadt auf knapp CHF 50’000 pro Jahr. Ab 2015 droht ein massiver Kostenanstieg auf rund CHF 370’000. Die Stadt Basel steht unter Spardruck, und der derzeitige Unterstützungsbeitrag der Universität reicht nicht aus, um die Steigerung aufzufangen. Können die nötigen Mittel nicht aufgebracht werden, so droht die Schliessung des Hauses. Aufgrund der finanziellen Reserven ist die unmittelbare Existenz des Hauses noch gesichert, mittel-und langfristig (d.h. über vier Jahre hinaus) erscheint die Zukunft jedoch ungewiss. Allfällige Szenarien werden im laufenden Jahr im Vorstand der Genossenschaft ausgearbeitet, um eine Weiterführung des bestehenden Studentenheimes zu sichern oder eine valable Alternative an einem anderen Standort zu prüfen.
Wohnmodell Studentenheim im Kontext der Stadtentwicklung
Aus einer übergeordneten Perspektive zeigt sich, dass der Stellenwert der Studentenwohnheime im Rahmen der Stadtentwicklung nicht zu vernachlässigen ist. Interessant zu wissen: Die Stiftung Habitat plant auf dem Erlenmattareal eine Studierendenwohnhaus in Zusammenarbeit mit der studentischen Wohnvermittlung (WoVe). Angesichts der imageträchtigen Internationalisierungsbestrebungen der in Basel ansässigen Chemie- und Pharmaunternehmen und der hiesigen Universität, die – trotz der momentanen Unsicherheiten nach der Masseneinwanderungsabstimmung vom 9. Februar – den Zuzug von hochqualifizierten Arbeitskräften aus dem Ausland anvisieren, ist mit einer steigenden Nachfrage für Studentenwohnraum zu rechnen. Oder vielleicht doch nicht, nachdem gerade klar geworden ist, dass die Schweiz möglicherweise nicht mehr am millardenschweren EU-Forschungsprogramm Horizon2020 und am Studierendenaustausch Erasmus+ wird teilnehmen können? So oder so ist es erstaunlich, dass Studentenwohnheime kaum je Thema sind in den hiesigen Medien und in einer Stadt, die sich ihr internationales Flair auf die Flagge schreibt.