Im Tessin gibt es künftig eine einheitliche Regelung bei der Müllgebühr. Dagegen hatte sich ein Teil der Lega mit einem Referendum gewehrt, das am Sonntag keine Chance hatte. Damit verfügt nur noch der Kanton Genf über keine Sackgebühren.
Kantonsweit werden ab sofort eine jährliche Abgabe und zusätzlich ein Obolus für den einzelnen Kehrichtsack fällig. Gegen die entsprechende Gesetzesänderung, welche der Tessiner Grosse Rat im November beschlossen hatte, ergriff die Lega das Referendum.
Für die Gesetzesänderung stimmten 53’454, «Nein» sagten dagegen 38’426. Die Stimmbeteiligung lag bei 41,71 Prozent.
Mit der Gesetzesänderung wird ein Teil der Bundesgesetzgebung zum Naturschutz in die kantonale Gesetzgebung übernommen. Rund die Hälfte der Kantonsbevölkerung musste in ihren Gemeinden bislang nur einen Basistarif oder gar keine direkte Abgabe für die Müllentsorgung bezahlen. Neu wird dieser Betrag nun abgesenkt, dafür aber eine zusätzliche Kehrichtsackgebühr erhoben.
In Locarno beispielsweise soll der Basistarif von 201 Franken jährlich auf 100 Franken abgesenkt werden. Ein 35-Liter-Sack wird dann in allen Gemeinden zwischen 1.10 und 1.30 Franken kosten. Damit wird kantonsweit das Verursacherprinzip stärker berücksichtigt – das Bundesgericht hatte diese Finanzierung mit einem Urteil im Jahr 2011 für alle Schweizer Gemeinden beschlossen.
Die flächendeckend eingeführte kombinierte Abgabe gilt bereits heute in 49 der 115 Tessiner Gemeinden. Für sie wird es laut Regierungsangaben deshalb nur minimale Änderungen mit dem neuen System geben.
Als einziger Kanton kennt derzeit Genf noch keine Kehrichtsackgebühr. Der Kanton will die Bundesvorgaben auf andere Weise erfüllen und dafür sorgen, dass 50 Prozent der Abfälle wiederverwertet werden können. So werden bereits heute 46 Prozent der Abfälle recycliert. Im Kanton Bern, der seit 1991 eine Kehrichtsackgebühr kennt, beträgt dieser Anteil 48 Prozent.
Lega schiesst gegen eigenen Staatsrat
Gegenwind für die Vereinheitlichung kam ausgerechnet von der Lega, die damit ihrem Regierungsrat Claudio Zali (Lega) in den Rücken fiel. Der Vorsteher des Verkehrs- und Umweltdepartements hatte die neue Regelung aufgegleist und anschliessend Unterstützung durch das Kantonsparlament erhalten.
Eine Gruppierung innerhalb der Lega witterte jedoch eine «anti-soziale» neue Steuer, welche besonderes die mittleren und unteren Einkommensschichten treffe. Besonders grosser Widerstand kam im Vorfeld aus der Stadt Lugano, die bislang keine direkte Abgabe für die Müllentsorgung kannte – dort lag der Nein-Stimmen-Anteil am Sonntag sogar bei 64,3 Prozent. Kantonsweit konnten sich am Ende jedoch die Befürworter durchsetzen, so dass sich nun auch Lugano der neuen Regelung beugen muss.