«Dawn of the Planet of the Apes»: Oscarreifes Affenspiel

Geht bald ein Oscar an einen Affen? Andy Serkis spielt den König der Affen in «Dawn of the Planet of the Apes». Die Hauptrolle spielt die Technik. Wir haben uns seit seinem Gollum in «Herr der Ringe» daran gewöhnt: Andy Serkis verliert sein Gesicht gerne mal an ein CGI – ein «computer-generated Image». Als King […]

Geht bald ein Oscar an einen Affen? Andy Serkis spielt den König der Affen in «Dawn of the Planet of the Apes». Die Hauptrolle spielt die Technik.

Wir haben uns seit seinem Gollum in «Herr der Ringe» daran gewöhnt: Andy Serkis verliert sein Gesicht gerne mal an ein CGI – ein «computer-generated Image». Als King Kong hat er sich schon einmal zum Affen machen lassen. In «Dawn of the Planet of the Apes» steckt er als brillanter Wiederholungstäter hinter dem Affen Cesar.

Mit üblicher Schauspieltechnik hat das nicht mehr viel zu tun. Aber mit sehr viel mehr Computer-Technik. Seit «Herr der Ringe» spielt Serkis jede Szene gleich in zweifacher Version: Eine zweite immer für den Computer. Die Hauptrolle spielt dann die Technik.

Berühmt und doch irgendwie nicht: Andy Serkis spielt Hauptrollen, aber ist oft kaum zu erkennen. (Bild: © 2013 Twentieth Century Fox Film Corporation)

Der Brite Serkis meistert in «Dawn of the Planet of the Apes» die Herausforderung wiederum subtil. Und sein Regisseur Matt Reeves lässt den Computer noch einen Schritt weiter gehen. Er lässt gleich einer ganzen Horde Affen-Körper verpassen. Das ist durchaus auch Knochenarbeit für die Mimen:

Noch sind Schauspieler den Computern in der Darstellung von Gefühlsregungen voraus. Mit seinem handwerklichen Interesse für die Affenwelt schafft Regisseur Matt Reeves aber auch einen inhaltlichen Zugang für uns. Die Affen stehen im Zentrum seines Filmes. Die Menschen sind für einmal nur Gäste in der Welt der anderen. Der Film beginnt und endet mit Cesar, dem weisen Affen.

Die Menschen machen sich zum Affen

Der Film steht und fällt aber auch mit souveränen 3D-Animationen. Der Wald ist als veritabler Dschungel fotografiert. Jede Tiefe des Raumes wird ausgenutzt in der Auseinandersetzung der Affen mit den Menschen. Die Affen wohnen in einer Kolonie in den Bäumen. Sie jagen, sprechen, einige können sogar lesen. Sie haben ihr Zusammenleben wohl organisiert. In ihrer Kultur gilt die Regel: Affen töten keine Affen.




Die Affen leben gut organisiert in einer Kolonie in den Bäumen. (Bild: © 2013 Twentieth Century Fox Film Corporation)

Die Menschen wohnen in einer Kolonie der Überlebenden unten in der Stadt. Eine Seuche hat sie dezimiert. Die Überlebenden haben jetzt ein Problem: Sie brauchen das Wasserkraftwerk oben in den Bergen. Das bringt Affen und Menschen miteinander in Kontakt. Um ihre Elektrizitätsversorgung zu garantieren, müssen die Menschen in das Gebiet der Affen. Dort benötigen sie die Hilfe der Affen für die Reparatur des Werkes.

Das bringt in den beiden Kolonien einiges durcheinander: Nicht alle Affen sind für eine Koexistenz mit den Menschen. Nicht alle Menschen vertrauen der Affen-Sozietät. Zudem hat eine Viren-Seuche die Menschheit dezimiert. Die Waffen der Menschen scheinen noch eine letzte Überlegenheit über die Affen zu garantieren. 

Souveränes 3D-Kino

«Dawn Of The Planet Of The Apes» bietet wesentlich mehr als einfach nur Science-Fiction-Abklatsch: Matt Reeves lädt zu souveränem 3D-Kino ein. Er hat die Szenen im Wald zu Tiefen-Erzählungen des Raums gemacht: Die Szenen in der computeranimierten Natur bringen das Kino wieder einen Schritt voran.

Unverpixelte Schauspieler wie Gary Oldman and Jason Clarke treffen dabei auf voll verpixelte wie Andy Serkis. Alle bewegen sie sich am Rande der momentan möglichen technischen Machbarkeit: Und schaffen es, das grosse Erzählkino mit der modernen Technik zu versöhnen.




Jason Clarke ist umzingelt. (Bild: © 2013 Twentieth Century Fox Film Corporation)

Main-Stream muss nicht Mean-Stream sein

Matt Reeves liefert mit seiner klassischen Narration einen spannenden moralischen Diskurs: «Affen töten keine Affen» lautet die Losung der lesenden Primaten. Darin sind sie den Menschen sogar um Einiges voraus.

Aber die Losung der Affen heisst auch: «Der «Stärkere gewinnt.» Dieses Führerprinzip macht ihre Zivilisation verletzlich und unmenschlich. Der Führer kann jederzeit durch einen rüden Faustkampf abgelöst werden. Und die wackelige Affen-Demokratie kann jederzeit in die Hordendiktatur zurückfallen, wo statt Worte Fäuste sprechen.

«Dawn Of The Planet Of The Apes» ist nicht nur Endzeit-Science-Fiction: Der Film schafft auch Bilder, die nahezu unheimlich an unsere Wirklichkeit erinnern. Die alleinige Existenz von Waffen macht jederzeit das Aufflammen von Krieg zwingend. So sieht dann der moderne Krieg aus, wenn er unter Horden in den Städten stattfindet. Dann lassen Affen, die auch sprechen können, Waffen sprechen, gegen Menschen, die zu Selbstmordattentätern werden, um damit den Affenvölkermord zu vollziehen.

Die überlebenden Menschen überlegen wenig

Der Film kennt zwei positive Helden: Malcolm (gespielt von Jason Clarke) und Cesar. Der Wissenschaftler und der Affe. Beide finden persönliches Vertrauen über ihren persönlichen Kontakt. Beide scheitern. Im labilen Interessenkonflikt ihrer Sippen liegen zu viele Minenfelder.

Zum Schluss gipfelt alles im grandiosen Affenkampf. Nahezu perfekte Computerbilder lassen die Affen zum Kampf noch einmal das nutzen, was 3D eben unvergleichlich bietet: Raum. Mit sehr viel Geist angewendet, lässt uns die Technik sogar noch Raum zum Denken:

Warum wird immer dann zur Waffe gerufen, wenn Friede geschaffen werden soll? Wieso muss der alte, weise Affe ausgerechnet im Faustkampf erfahren, dass der Stärkere nicht immer recht hat? Warum siegt das Gute ausgerechnet durch einen – Führer? Warum sieht der siegende Mensch die anderen gerne als «Tiere»?

Alte Indianer-Klischees auf moderne Kriegsführung angewendet

«Dawn Of The Planet Of The Apes» nutzt wohl auch die Klischee-Dramaturgie der Indianerfilme. Er liefert aber auch ein Bild des modernen Freischärler-Krieges im Science-Fiction-Muster. Im Schlussakkord des Filmes holt die 3D-Technik noch einmal ganz gross aus und beweist, dass die Kunst-Welt durch die 3D-Brille durchaus auch einen klareren Blick verschaffen kann.

Der Film läuft in den Pathé-Kinos.

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