Die Anfang Dezember von den Behörden in der nordindischen Stadt Varanasi unterbundene Ausstellung des Berner Fotografen Michael von Graffenried wird nicht wieder aufgenommen. Die Schau mit Bildern in den Strassen der Stadt am Ganges sei definitiv zu Ende, schrieb der Fotograf.
Die Behörden hätten die Ausstellung, die eigentlich bis zum 31. Dezember dauern sollte, „nach elf Tagen Verhandlungen und Papierkrieg“ endgültig verboten, erklärte von Graffenried in einer Mitteilung an die Nachrichtenagentur sda vom Dienstag.
„On the Edge“ (Am Abgrund) hiess die Schau, die auf einer Länge von 125 Metern entlang einer stark frequentierten Strasse montiert war. Die Bilder auf Werbeflächen von je 3 mal 6 Metern zeigten etwa eine von Polizisten totgeprügelte Frau oder einen Mann, der bei der Rettung einer heiligen Kuh aus dem Ganges beinahe ertrinkt.
„This is problem India“
Einzig das ganz grosse Bild im Format von 6 mal 12 Metern, auf dem ein im Sumpf des Ganges steckengebliebener Mann zu sehen ist, sei noch da und werde bis zum Ende des Monats in Varanasi hängen bleiben, schrieb von Graffenried.
Er habe sich unlängst an Schüler gewandt, die das Bild betrachteten und einen von ihnen gefragt, was er darauf sehen würde. Wie aus der Kanone sei die Antwort gekommen: „This is problem India.“
Vier Monate in Varanasi
Von Graffenrieds Bilder sind dank eines Stipendiums der Städtekonferenz Kultur und der Stadt Bern entstanden. Es ermöglichte von Graffenried während vier Monaten die Erkundung der nordindischen Stadt Varanasi. Seit Juli sammelte der Fotograf mit seiner Kamera Eindrücke vom Leben zwischen Tradition und Moderne.
Am 1. Dezember wurde „On the Edge“ im Beisein des Stadtbeauftragten, der die Bewilligung erteilt hatte, eröffnet. Schon zwei Tage später wurden die Plakate wieder abgehängt. Anlass war ein Vandalenakt an einem der – offenbar als brisant empfundenen – Bilder. Varanasi gilt als heiligste Stadt des Hinduismus.