Aus Wut über provokante Mohammed-Karikaturen in einem Pariser Satire-Magazin haben hunderte Islamisten die französische Botschaft in Teheran angegriffen. Ein grosses Polizeiaufgebot hinderte die aufgebrachte Menge am Donnerstag daran, das Botschaftsgelände zu stürmen.
Das berichtete die iranische Nachrichtenagentur Fars. Die Botschaft war zuvor sicherheitshalber geschlossen worden. Dem Bericht zufolge riefen die Angreifer: „Wir werden kämpfen, wir werden sterben, aber wir werden niemals Schande über uns bringen lassen.“
Angesichts der seit Tagen aufgeheizten Stimmung in der islamischen Welt wird befürchtet, dass die am Mittwoch veröffentlichten Karikaturen neue blutige Unruhen auslösen. Die USA schliessen deswegen am Freitag ihre diplomatischen Vertretungen in Indonesien. Es seien neue „grosse Demonstrationen vor unseren Einrichtungen“ zu erwarten, teilte die Botschaft in Jakarta am Donnerstag mit.
In den vergangenen Tagen hatten im bevölkerungsreichsten muslimischen Land Gläubige gegen den in den USA produzierten Film „Die Unschuld der Muslime“ protestiert. Die US-Vertretung in der Stadt Medan ist deshalb schon seit Mittwoch geschlossen.
Am Donnerstag protestierten in der afghanischen Hauptstadt Kabul hunderte Demonstranten gegen den Film und die Veröffentlichung neuer Mohammed-Karikaturen im französischen Satiremagazin „Charlie Hebdo“. Rund 300 Studenten skandierten bei einer Kundgebung „Tod Frankreich, Tod den USA“, wie ein AFP-Fotograf berichtete. Die Kundgebung verlief demnach ohne Zwischenfälle.
Appell von Obama und Karsai
US-Präsident Barack Obama und der afghanische Präsident Hamid Karsai riefen angesichts der Proteste gegen die Veröffentlichung des Mohammed-Schmähfilms zu besonnenen Reaktionen auf. Das US-Präsidialamt teilte nach einer Videokonferenz der beiden Politiker mit, es sei in der gegenwärtigen Situation notwendig, die Menschen zu „Zurückhaltung und Gewaltlosigkeit“ zu ermutigen.
Das Video, in dem der Prophet Mohammed verunglimpft wird, führt in der muslimischen Welt seit mehr als einer Woche zu heftigen Protesten und gewaltsamen Ausschreitungen. Mehr als 30 Menschen wurden seither getötet, darunter der US-Botschafter in Libyen.
Italiens Aussenminister Giulio Terzi sprach sich für die Sperrung aufstachelnder Internetseiten unter bestimmten Voraussetzungen aus. „Es ist absolut legitim von Regierungen, Seiten zu blockieren, die negatives Verhalten, Anstachelung zum Hass, Ablehnung von gegenseitigem Verständnis enthalten“, sagte Terzi in Rom.
„Charlie Hebdo“ wieder online
Die Internetseite des französischen Satire-Blatts „Charlie Hebdo“ ist inzwischen aber wieder online. Auch einige der provokanten Mohammed-Karikaturen waren am Donnerstag über das Netz zu finden. Allerdings gab es beim Surfen auf der Seite immer wieder einzelne Fehlermeldungen.
Das Webangebot war nach Veröffentlichung der zum Teil derben islamkritischen Zeichnungen am Mittwoch von Hackern lahmgelegt worden. Deswegen ermittelt auch die Staatsanwaltschaft in Paris. Die bereits vergriffene gedruckte Ausgabe soll an diesem Freitag neu aufgelegt werden.
Die Debatte um die Karikaturen ging weiter. Der Grünen-Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit nannte die Veröffentlichung in einem TV-Interview „idiotisch“. Mit Blick auf die Unruhen in weiten Teilen der islamischen Welt sagte der Deutsch-Franzose: „Wenn man auf einem Pulverfass sitzt, hat man die Möglichkeit, 30 Sekunden nachzudenken, bevor man ein Streichholz anzündet.“