Mit dem Duell zwischen Meister und Top-Favorit Bayern München und dem Hamburger SV (20.30) startet die Bundesliga heute in ihre 53. Saison. In die Saison starten heute auch 22 Schweizer Spieler und zwei Trainer – Rekord.
Die Favoritenrolle im Kampf um die Meisterschaft gehört einmal mehr Bayern München. Der Rekordmeister war in den letzten drei Saisons der nationalen Konkurrenz entrückt, dem Kampf um die Meisterschaft fehlte zuletzt die Spannung. Den Ansprüchen von Trainer Pep Guardiola, der in seinem letzten Vertragsjahr bei den Münchnern steht und über dessen Zukunft viel spekuliert wird, dürfte die Meisterschale allein jedoch nicht mehr genügen.
«Als bester Trainer der Welt» war der Katalane 2013 nach dem Triple-Gewinn unter Jupp Heynckes angekündigt worden, in der Champions League scheiterten die Münchner aber zweimal im Halbfinal. Sportvorstand Matthias Sammer stärkte seinem wichtigsten Angestellten vor dem Saisonstart den Rücken: «Pep ist der Dirigent für unser Orchester, er arbeitet hervorragend.»
Bayern: 67 Millionen für neue Spieler
Auf dem Transfermarkt stellten die Bayern auch ihre finanzielle Vormacht einmal mehr unter Beweis. Mit den Verpflichtungen des Chilenen Arturo Vidal (von Juventus Turin) und des Brasilianers Douglas Costa (Schachtjor Donezk), die zusammen 67 Millionen Euro gekostet haben, erhielt die lateinische Fraktion an der Säbener Strasse weiter Zuwachs. Mit Bastian Schweinsteiger verliess ein Münchner Urgestein die Bayern Richtung Manchester zur United.
Mit dabei in der neuen Bundesliga-Saison sind auch 22 Schweizer Spieler und mit Lucien Favre (Mönchengladbach) und Martin Schmidt (Mainz) zwei Schweizer Trainer.
Der Exodus der Schweizer Spieler in die Liga des nördlichen Nachbarn hielt auch in diesem Sommer an. Mit Fabian Frei, Fabian Schär, den Nachwuchs-Internationalen Nico Elvedi, Ulisses Garcia, Francisco Rodriguez und Djibril Sow sowie Torhüter Andreas Hirzel wechselten sieben weitere Schweizer in das boomende Oberhaus des Weltmeisters.
Die Wertschöpfung des deutschen Profifussballs betrug im letzten Jahr 7,9 Milliarden Euro. Der Fussball schafft in Deutschland mittlerweile rund 110’000 Arbeitsplätze. Er ist zehnmal so schnell gewachsen wie die deutsche Industrie. Als einzige Schweizer verliessen Tranquillo Barnetta (von Schalke zu Philadelphia) und Valon Behrami (von Hamburg zu Watford) Deutschland in Richtung angelsächsischer Raum.
Das grosse Kompliment für die Schweiz vom Gladbach-Manager
«Die Schweizer sind Spieler, die sich schnell integrieren lassen, die die Sprache und die Mentalität kennen, den Charakter haben, fussballerische Qualität besitzen und bezahlbar sind. Dieses Gesamtpaket macht das für Gladbach so interessant», sagte Max Eberl, der Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach. Eberl kennt sich aus mit Schweizer Fussballern, fünf von ihnen stehen mittlerweile bei der Borussia unter Vertrag.
Und auch Eberls wichtigster Angestellter, Trainer Lucien Favre, besitzt den roten Pass mit weissem Kreuz. Der 57-jährige Romand, der betagteste und nach dem Abgang von Jürgen Klopp bei Dortmund auch dienstälteste Trainer der Bundesliga, hat die Borussia vom Niederrhein wieder zur Blüte gebracht. Dank einer überragenden Saison qualifizierten sich die Gladbacher mit den Stammkräften Yann Sommer und Granit Xhaka erstmals in der Klubgeschichte für die Champions League – gut vier Jahre, nachdem Favre nach seinem Amtsantritt den Sturz in die Zweitklassigkeit in extremis verhindert hatte.
Wie verkraften die Fohlen die Doppelbelastung?
Der Spielstil der Borussia ist spektakulär, Favres Handschrift unverkennbar. In der Rückrunde hatten auch die Bayern und Wolfsburg gegenüber den Gladbachern das Nachsehen. Immer wieder werden Vergleiche zu der «Fohlen-Elf» unter dem legendären Hennes Weisweiler, der die Borussia in den Siebzigerjahren zu drei Meistertiteln und dem UEFA-Cup-Sieg führte, angestellt. Favre wurde zum zweiten Mal zum Trainer des Jahres in der Bundesliga gewählt.
Trotz der Euphorie und der Champions-League-Qualifikation verlor die Borussia mit Max Kruse (Wolfsburg) und Christoph Kramer (Leverkusen) zwei Stammspieler in der Sommerpause. Der Schweizer Josip Drmic und Lars Stindl, der am Montag beim 4:1 im Cup in St. Pauli überzeugte, wurden als Ersatz verpflichtet. Können die Gladbacher den deutlich finanzkräftigeren Klubs aus München, Wolfsburg, Gelsenkirchen und Dortmund erneut Paroli bieten? Und wie verkraftet die Borussia die Doppelbelastung?
Wolfsburg, Schalke und Dortmund als Herausforderer…
Noch erfolgreicher, finanziell aber auch um einiges potenter als Mönchengladbach ist der VfL Wolfsburg, der mit Diego Benaglio, Timm Klose sowie Ricardo und Francisco Rodriguez die zweitgrösste Schweizer Bundesliga-Fraktion stellt. Trainer Dieter Hecking und Sportchef Klaus Allofs etablierten die Niedersachsen in der Beletage der Liga, Platz 2 und der erstmalige Cupsieg waren der Beleg für eine nahezu perfekte Saison.
Der von VW alimentierte Verein schaffte damit zum zweiten Mal nach dem Meistertitel 2009 den Einzug in die Königsklasse und gehört auch in der neuen Saison zu den ersten Herausforderern von Titelverteidiger Bayern München – sofern er Kevin de Bruyne, den besten Vorlagengeber der letzten Saison, halten kann. Manchester City und Bayern München sollen am 24-jährigen Belgier, der beim Sieg im Supercup gegen die Bayern und im Cup bereits wieder gross aufspielte, stark interessiert sein.
Der Ruhrpott soll fussballerisch wieder zur Macht werden
Wieder in Richtung Champions League wollen sich nach einer durchzogenen Saison auch die beiden Ruhrpott-Grössen Borussia Dortmund und Schalke 04 orientieren. Thomas Tuchel trat beim BVB nach einem einjährigen Sabbatical in die Fussstapfen von Jürgen Klopp, der nach sieben Jahren mit zwei Meistertiteln, einem Cupsieg sowie dem Erreichen des Champions-League-Finals zurücktrat.
Neben Roman Bürki, der wohl als Nummer 1 in die Saison starten wird, verpflichteten die Dortmunder auch Gonzalo Castro vom direkten Konkurrenten Leverkusen. Die Leverkusener können ihrerseits neu auf die Dienste von Admir Mehmedi zählen. Schalke verpflichtete nach dem Missverständnis Roberto di Matteo als neuen Trainer André Breitenreiter von Absteiger Paderborn und holte mit Johannes Geis eines der grössten Talente Deutschlands.
Als einer der wenigen Trainer glaubt Martin Schmidt, der zweite Schweizer Chefcoach in der Bundesliga, nicht an einen Alleingang der Bayern. «Dortmund und Wolfsburg werden ihnen das Leben sehr schwer machen, vielleicht mit einem überraschenden Ausgang im Saisonfinale», so der charismatische Walliser mit dem ungewöhnlichen Lebenslauf, der in seine erste komplette Saison als Cheftrainer von Mainz steigt. Im Mittelfeld setzt Schmidt neu auf Fabian Frei, der sich in Rheinland-Pfalz der Herausforderung Bundesliga stellt.