Am zweiten Tag seines Bern-Besuches hat der Dalai Lama über Frieden, die EU und hübsche Frauen gesprochen. 1300 Personen wohnten dem Spektakel im Kursaal bei. Das Publikum war bunt durchmischt – und begeistert.
Wenn der Dalai Lama ruft, kommen die Leute in Strömen. Am Donnerstag pilgerten neben einer Handvoll tibetischer Mönche auch hübsch zurechtgemachte junge Frauen mit Energy-Drink-Dose, alternativ angehauchte mittelalterliche Damen, Männer in Anzügen und zahlreiche Normalos in den edlen Kursaal.
Sie alle erhoben sich, als der Dalai Lama, flankiert vom Berner Stadtpräsidenten Alexander Tschäppät und einigen Bodyguards, die Arena betrat. Nachdem der Dalai Lama ein paar Hände geschüttelt und einem Baby den Kopf gestreichelt hatte, durfte Tschäppät das Publikum begrüssen.
Dieser zeigte sich in seiner Ansprache vom Mobilisierungspotenzial des spirituellen Führers der tibetischen Buddhisten beeindruckt. «Der Anlass war innert weniger Minuten ausverkauft», sagte Tschäppät.
Weiter erinnerte der Stadtpräsident an die zahlreichen Auszeichnungen, welche der Dalai Lama «für seine Botschaft von Frieden und Gewaltfreiheit» erhalten habe. Unter anderem wurde ihm 1989 der Friedensnobelpreis verliehen.
Russland soll in die EU
Der Dalai Lama widmete sich in seinem Rede den weltweiten Konflikten. Die Ursache der meisten Probleme liege darin, so der Dalai Lama, dass die Menschen zu stark auf die Unterschiede fokussierten.
«Wir konzentrieren uns darauf, ob die Menschen die gleiche Hautfarbe oder Religion haben, oder ob sie reich an Geld und Einfluss sind», sagte er. Doch «geistig, emotional und körperlich» seien eigentlich alle Menschen gleich. «Wir sind alles soziale Tiere; wir brauchen Freundschaft, wir brauchen Freude, wir brauchen Frieden.»
In diesem Zusammenhang kam er auch auf die EU zu sprechen. Die EU habe aus Feinden Freunde gemacht, sagte er. «Das ist doch eine wunderbare Sache.» Er empfahl auch, eine Aufnahme Russlands in die EU in Erwägung zu ziehen. Der aktuelle Konflikt führe nur zu einem Verschleiss von Geld und Zeit.
Weiter ging der Dalai Lama auf mögliche Nachfolger ein. Es sei noch unklar, ob die Institution des Dalai Lama überhaupt weitergeführt werde, sagte er.
Falls die Institution weitergeführt werde, könne er durchaus auch eine Frau als Nachfolgerin bekommen. Frauen seien aufgrund biologischer Unterschiede besser dazu fähig, Mitgefühl und Liebe zu schenken, sagte der Dalai Lama. Wenn es aber eine Frau sei, «muss es eine hübsche sein», fügte er an. Das Publikum klatschte.
Spiritueller, nicht politischer Besuch
Der Dalai Lama ist bereits seit gestern Mittwoch in Bern. Am Tag seiner Ankunft besuchte er das Haus der Religionen, sprach mit Vertretern der verschiedenen Religionsgemeinschaften und ass Pilzsuppe.
Dem Auftritt im Haus der Religionen wohnte die gesamte Berner Stadtregierung bei. Einen offiziellen Empfang gab es aber weder durch die Stadt noch durch den Bund. In der Vergangenheit zeigte sich die Regierung Chinas stets erzürnt, wenn dem Dalai Lama die Ehre eines offiziellen Staatsempfanges zuteil wurde.
Wie der Dalai Lama bei seinem Auftritt im Kursaal aber klarstellte, nimmt er dies gelassen. «Ich ziehe ein glückliches Treffen mit der Bevölkerung einem Treffen mit politischen Führer vor», sagte er. Zudem sei sein Besuch auch spiritueller und nicht politischer Natur. Der Dalai Lama war schon öfters in Bern, zuletzt 2013.
Am Freitag und Samstag weilt der Dalai Lama in Zürich. Danach setzt er seine Reise durch Europa bis zum 22. Oktober fort. Nach Lettland und der Schweiz wird er die Slowakei, Tschechien und Italien besuchen.