Die Thunerinnen und Thuner feiern seit Sonntag ihren Ausschiesset. Höhepunkt des dreitägigen Volksbrauchs ist jeweils der frühe Montagmorgen, wenn die Gestalt des Fulehung die Kinder durch die Altstadtgassen jagt.
Für Vorwitzige setzt es Hiebe ab, für brave Kinder gibt es Süssigkeiten. Schon im Morgengrauen versammeln sich die Thunerinnen und Thuner auf dem Rathausplatz. Pünktlich um fünf Uhr in der Früh erscheint der mit einer gehörnten Narrenmaske verkleidete Fulehung, bewehrt mit einem Strauss Schweinsblasen und einem Holzscheit.
Die Kinderhorden stieben auseinander, und los geht die wilde Jagd durch die noch dunklen Gassen. Hiebe setzt es aber nicht nur für Kinder ab, sondern auch für die vielen Erwachsenen am Strassenrand – für Thuner ist ein «Tätsch» natürlich Ehrensache.
Im Verlauf des Morgens beruhigt sich die Jagd durch die Gassen ein wenig, und der Fulehung begibt sich in verschiedene Häuser der Altstadt, wo er Süssigkeiten aus einem Fenster in die Menge wirft. Natürlich reckten sich auch dieses Jahr viele Kinderhände in die Luft, um die süssen Leckereien zu ergattern.
Kadetten und Schützen vor Ort
Im Zentrum des dreitägigen Volksfests stehen neben dem Fulehung die Thuner Kadetten. Sie sind eine Sport-, Musik- und Freizeitorganisation für Schülerinnen und Schüler von der fünften bis zur neunten Klasse.
Die Ursprünge der Kadetten sind im Zusammenhang mit Thun als Garnisonsstadt zu sehen. Bei ihrer Gründung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die Kadetten vor allem eine spielerische Ertüchtigung und Vorbereitung der Knaben auf eine spätere militärische Ausbildung.
Dieses Ziel trat allmählich in den Hintergrund, auch wenn sich verschiedene Zeremonien mit militärischem Anstrich, etwa der Zapfenstreich oder die Fahnenübergabe, bis heute am Ausschiesset gehalten haben.
Eine Rolle am Ausschiesset spielen auch die Thuner Schützengesellschaften, die ihre Saison mit letzten Wettkämpfen beenden.
Die Fratzenmaske, die der Fulehung trägt, soll der Legende nach dem Hofnarren Karls des Kühnen gehört haben und von den Thunern in den mittelalterlichen Burgunderkriegen erbeutet worden sein.