Der Haussperling, in der Schweiz Spatz genannt, ist Vogel des Jahres 2015. Der Schweizer Vogelschutz SVS/Bird Life will mit dieser Wahl darauf hinweisen, dass «mehr Natur im Siedlungsraum» für den Haussperling dringend nötig sei. Dies käme auch dem Menschen zu Gute.
Der Haussperling mit seinem grauen Köpfchen lebt am liebsten im Siedlungsgebiet – im Unterschied zum Feldsperling, kenntlich an seinem braunen Kopf. Als Nistplätze wählt der Haussperling häufig Nischen und Höhlen an Gebäuden, Schwalbennester oder Nistkästen. Moderne Gebäude bieten aber keine Unterschlüpfe mehr. Der Spatz findet keine Wohnung, wie SVS/Bird Life am Montag mitteilte.
Zudem wird die Nahrung knapp: Die moderne Aussenraumgestaltung bringt immer mehr versiegelte Flächen und exotischen Pflanzen mit sich. Dadurch mangelt es an Insekten und Sämereien für den Spatz.
Die Bestände der Vogelart nehmen deshalb laut SVS/Bird Life in vielen europäischen Ländern ab. In gewissen Gebieten der Schweiz reduzierten sich die Bestände seit 1980 um bis zu 40 Prozent. In England ist der Haussperling auf der Roten Liste der gefährdeten Vogelarten.
Dabei könnte mit einfachen Massnahmen Abhilfe geschaffen werden, so der SVS/Bird Life: bei Renovationen alter Häuser sollten Einschlupflöcher und Brutnischen erhalten bleiben, an Neubauten könnte man Nisthilfen integrieren, begrünte Wände etwa. Blumenwiesen sowie einheimische Sträucher und Bäume könnten das Nahrungsangebot erhöhen und auch die Lebensqualität der Menschen verbessern.
Von Verehrung bis Massentötung
Der Spatz lebt seit jeher in der Nähe der Menschen, sein Stellenwert aber veränderte sich im Laufe der Jahrhunderte. In der Antike verehrt, wurde er später als Schädling für den Getreideanbau beschimpft. Mao Tse-tung befahl deshalb in China seine Vernichtung: gegen zwei Milliarden Sperlinge wurden getötet.
Dies hatte allerdings einen Bumerang-Effekt: Es kam zu einer Insektenplage. Heute ist weit herum klar: Der Haussperling ist ein bedeutender «biologischer Schädlingsvernichter».
Dreckspatz & Co.
Dass der Spatz eng mit dem menschlichen Leben verbunden ist, zeigen auch geläufige Ausdrücke: So wird etwa ein Kind, das sich beschmiert hat, liebevoll als «Dreckspatz» bezeichnet. Dieser Ausdruck beruht laut Christa Glauser von SVS/Bird Life auf der Angewohnheit des Sperlings, sich in Sandkuhlen zu baden – und damit Ungeziefer los zu werden.
«Vorlaut oder frech wie ein Spatz» bezieht sich laut Glauser auf die Art des Sperlings: Er ist sehr lernfähig, stibitzt auch mal im Vorbeifliegen hier und dort etwas, erscheint häufig in grösseren Gruppen und er hat eine laute Stimme.
Und das Kosewort «Spatz» oder «Spätzlein» war laut Glauser schon im Alten Rom bekannt: Hübsche junge Mädchen wurden als «passercula» bezeichnet, einer Verkleinerungsform vom lateinischen Wort für Sperling: passer.