Bundesrätin Doris Leuthard hat dem Kanton Wallis die Unterstützung des Bundes bei der Umsetzung des revidierten Raumplanungsgesetzes zugesichert. Sie räumte ein, dass die Umsetzung im am stärksten betroffenen Kanton zu Problemen führen wird.
„Ich bin überzeugt, dass wir verträgliche Lösungen finden“, sagte Leuthard am Sonntag vor den Medien in Bern. Sie bekräftigte, dass es für die Umsetzung Spielraum gebe. Überdimensioniertes Bauland müsse nicht zwingend in Landwirtschaftsland umgewandelt, sondern könne auch als sogenannte Reservezone rückgezont werden. Zudem werde der Bund Hand bieten zu einem Vorgehen in Etappen.
Allerdings müsse das Wallis nun aufzeigen, wie es die Umsetzung planen wolle. Leuthard zeigte sich zuversichtlich: Signale in diese Richtung habe sie von der Walliser Regierung bereits vernommen, sagte Leuthard. Mit einer „Verweigerungshaltung“ im Wallis oder in anderen Kantonen rechnet Leuthard nicht.
Forderungen
Die Verlierer der Abstimmung über das revidierte Raumplanungsgesetz fordern, eng in die Umsetzung des Gesetzes einbezogen zu werden. Sie fürchten die Rückzonungen, die Mehrwertabgabe und die Bauverpflichtungen. Die Befürworter relativieren.
Die Umsetzung des Raumplanungsgesetzes (RPG) werde nicht überall schwierig sein, sagte etwa Werner Luginbühl, Präsident des bürgerlichen und bäuerlichen Pro-Komitees der Nachrichtenagentur sda.
Einzig Kantone, die sich in der Vergangenheit nicht an die Bundesvorgaben gehalten hätten, würden „mit einer Bevölkerung oder mit Grundeigentümern konfrontiert sein, die nur wenig bereit sind, mitzumachen“.
SP-Nationalrat Beat Jans geht davon aus, dass „die betroffenen Kantone pragmatisch vorgehen werden“, da sie für die Rückzonungen Zeit hätten und kein dringender Handlungsbedarf bestehe.
Wallis will Leuthard treffen
Betroffen sind vier bis sechs Kantone, darunter Freiburg, Jura, Tessin, das Waadtland. Und der Kanton Wallis, der am Sonntag als einziger Kanton Nein zum geänderten Gesetz sagte. Dort hat die Regierung das deutliche Abstimmungsergebnis mit Bedauern zur Kenntnis genommen.
Das Gesetz werde technisch, juristisch aber insbesondere finanziell schwierig umzusetzen sein, sagte CVP-Staatsrat Jean-Michel Cina. Die Regierung werde nun möglichst schnell ein Treffen mit Bundesrätin Doris Leuthard beantragen.
Zudem verlangt der Kanton Einsitz in den verschiedenen Arbeitsgruppen. „Wir werden versuchen mit Bundesbern Lösungen zu finden, die der speziellen Situation des Kantons Rechnung tragen“, sagte Cina im Schweizer Fernsehen SRF.
Rasch an die Umsetzung
Auf beiden Seiten zeigte man sich am Sonntag über das deutliche Ja zur RPG-Revision überrascht. Für die Befürworter ist nun klar, dass die Massnahmen im Gesetz rasch und effizient umgesetzt werden. Vor allem müssten Bund und Kantone klären, wie der 15-Jahres-Bedarf an Bauland zu berechnen sei, sagte Luginbühl.
Angesichts der zahlreichen Forderungen der Befürworter und Gegner versperrt er sich nicht gegen die Konsultation der interessierten Kreise. Es gelte aber das ordentliche Verfahren einzuhalten. „Man wird nicht auf alles und jedes Rücksicht nehmen können.“
Gerade der Schweizerische Gewerbeverband (sgv), der gegen das „einschneidende Raumplanungsgesetz“ das Referendum ergriffen hatte, will nach seiner Niederlage nun bei der „massvollen und optimalen Umsetzung“ mitreden, sagte Direktor Hans-Ulrich Bigler der sda.
Befürchtungen
Bei Enteignungen oder Bauverpflichtungen erwartet HEV-Präsident und SVP-Nationalrat Hans Egloff Entschädigungsforderungen auf die Verantwortlichen zukommen. Komme hinzu, dass es auch Nachbarn gebe, die nicht möchten, dass Baulücken gefüllt würden.
Als unerwünschte Nebenwirkung bezeichnte Egloff zudem steigende Wohnkosten für Mieter und Eigentümer – laut Schweizerischem Mieterverband „irreführende gegnerische Propaganda“. Dieser legte schon am Sonntag den Vorwärtsgang ein und will nun, dass die Raumplanung zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus weiterentwickelt wird.
Druck der Landschaftsinitiative hat gewirkt
Etwas zurücklehnen kann sich Pro Natura: Das revidierte Raumplanungsgesetz geht auf ihre Landschaftsinitiative zurück, die ein 20-jähriges Moratorium auf die Einzonung von neuem Bauland wollte.
„Die Initiative hat Geschichte geschrieben, denn sie hat erstmals in 30 Jahren Verbesserungen bei der Raumplanung ermöglicht“, sagte Zentralsekretär Otto Sieber der sda.