Ganoven, Hochstapler und ein Ermittler mit Herz – Jakob Arjounis Romanfiguren sind gebrochene Gestalten. Jetzt ist der Autor im Alter von 48 Jahren in Berlin gestorben. Er erlag in der Nacht zum Donnerstag einer schweren Krebserkrankung, wie der Diogenes Verlag in Zürich mitteilte.
Mit Anfang 20 schrieb Arjouni sein erstes Buch „Happy Birthday, Türke!“, das zum Bestseller und zur Vorlage eines Kinofilms wurde. Es folgten weitere Krimis, aber auch Romane und Theaterstücke, die den gebürtigen Frankfurter zu einem der erfolgreichsten Autoren Deutschlands machten.
Mit dem Deutsch-Türken Kayankaya, der kein Wort Türkisch spricht, hat Arjouni einen Ermittler erschaffen, der an die hartgesottenen amerikanischen Literatur-Detektive Philip Marlowe und Sam Spade erinnerte.
Arjounis erstes Buch wurde Anfang der 1990er Jahre von Doris Dörrie verfilmt. Es folgten weitere Fälle für Kayankaya, für den dritten erhielt der Autor 1992 den Deutschen Krimipreis. Zu seinen jüngsten Erfolgen gehörte der Roman „Cherryman jagt Mister White“ über den Kampf eines Jugendlichen in Brandenburg gegen eine Bande von Neonazis.
Grosstadtromane
Mit dem Roman „Magic Hoffmann“, den Arjouni 1996 als ersten Nicht-Krimi vorlegte, zeichnete er ein buntes Panorama Berlins nach dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung. 2009 kehrte Arjouni literarisch erneut in die Hauptstadt zurück und liess mit „Der heilige Eddy“ einen Hochstapler zwischen Immobilienmafia und Gosse wandeln.
Der Autor wurde am 8. Oktober 1964 in Frankfurt am Main als Jakob Bothe geboren. Seinen späteren Familiennamen übernahm er von seiner ersten Ehefrau, die aus Marokko stammte.
Nach dem Abitur an der Odenwaldschule schlug sich Arjouni in Südfrankreich als Kellner und Textilverkäufer durch. Aus der Zeit stammen die ersten literarischen Versuche. Eine Schauspielausbildung in Berlin brach er nach fünf Monaten ab, auch an der Freien Universität Berlin blieb er nicht lange.
Auch brisante Themen
Immer wieder griff Arjouni in seinen Romanen und auch in seinem Theaterstück „Nazim schiebt ab“ brisante politische und gesellschaftliche Themen wie Nationalismus und Rassismus auf. In seinen Grossstadt-Thrillern, zu denen „Mehr Bier“ oder „Ein Mann, ein Mord“ gehörten, tauchte er in die dunklen Ecken von Metropolen ein.
Kritiker lobten sein Erzähltalent etwa in dem Band „Ein Freund“ oder „Idioten. Fünf Märchen“. Im Roman „Hausaufgaben“ wird ein Oberstufenlehrer zur tragischen Figur: Sein Selbstbild bröckelt, die Fassade einer intakten Familie bekommt Risse.
Mit „Chez Max“ lehnte sich Arjouni an George Orwells Science-Fiction-Klassiker „1984“ an. Zuletzt liess er den Privatdetektiv Kemal Kayankaya in „Bruder Kemal“ wieder aufleben, dem fünften Roman der Detektiv-Serie, der letzten Herbst erschien.